Am „Tag der psychischen Gesundheit“, am 10. Oktober, macht die Caritas auf invita aufmerksam – ein Angebot, das in Oberösterreich rund 400 Menschen mit psychischer Beeinträchtigung begleitet. „Zentral in unserer täglichen Arbeit ist, achtsam zu beobachten, was die Menschen brauchen und wie wir sie unterstützen können“, erklärt Claudia Hamedinger, Mitarbeiterin bei invita.
Wie bei Martin Privec (30), der am Chronic Fatigue Syndrom (CFS) erkrankt ist und bei invita in Wels lebt. Dank einer individuell abgestimmten Betreuung und der richtigen medikamentösen Behandlung konnte er bemerkenswerte Fortschritte erzielen.
Ein Infekt im Sommer 2017 führte beim gebürtigen Friedburger zu den typischen Symptomen von CFS: extreme Erschöpfung, begleitet von Schwindel und Übelkeit. „Je mehr ich versucht habe, mit Sport wieder fit zu werden, desto schlimmer ist es geworden. Man möchte, aber der Körper macht einfach nicht. Das ist unglaublich frustrierend“, erzählt der ehemals begeisterte Kicker.
Woche für Woche verschlechterte sich sein Zustand: „Am Ende habe ich es nur mehr ein Mal pro Tag mit dem Rollstuhl aufs Klo geschafft und bin die restliche Zeit im Zimmer gelegen. Mit einer Augenmaske und Ohrenstöpsel, weil ich Licht und Geräusche nicht ausgehalten habe. Jede Berührung war zu viel und löste Schweißausbruch aus.“
Ein Neurologe im Krankenhaus Braunau stellte schließlich die Diagnose und Martin Privec zog 2018 als 100-prozentiger Pflegefall in das intensiv betreute Wohnen von invita in Linz ein. Für das Team war es das erste Mal, dass sie mit dieser komplexen Erkrankung konfrontiert wurden.
Caritas-Psychologin Hamedinger, die die Aufnahme bei invita koordiniert, erklärt: „Wie bei jedem unserer Bewohner stellen wir uns individuell auf den Menschen ein. Wir begleiten, ohne Druck auszuüben und in dem Tempo, das die Person vorgibt. Wir passen uns den jeweiligen Bedürfnissen der Bewohner, nicht umgekehrt.“
Dabei wird jeder Schritt in Absprache mit der betreuten Person gesetzt, damit keine Überforderung entsteht. Ein behutsamer Anfang bestand bei Martin Privec darin, die Zimmertür einen Spalt offenzulassen, sodass ein wenig Licht und Geräusche aus der Umgebung zu ihm durchdrangen.
In enger Abstimmung mit dem Wiener CFS-Spezialisten Michael Stingl fand man schließlich ein Medikament, auf das der Friedburger ansprach. „Unser Ziel ist es, Sicherheit zu vermitteln und eine stabile Umgebung zu schaffen, auf die sich die betreute Person verlassen kann. Nur so kann Entwicklung stattfinden“, erklärt Hamedinger.
Dank dieser behutsamen und einfühlsamen Begleitung konnte Martin Privec nach und nach Fortschritte machen: Er lernte wieder gehen, konnte im Sitzen duschen und begann, Stück für Stück am Leben wieder teilzunehmen.
Vor kurzem zog er in die teilbetreute invita-Wohngemeinschaft in Wels – ein weiterer Schritt in Richtung Selbstständigkeit. „Ich kann mittlerweile schon wieder drei bis vier Kilometer gehen und bin gerade dabei, einen Teilzeit-Job zu finden“, erzählt der 30-Jährige stolz. Die Ursachen der Erkrankung sind nach wie vor unklar und die Betroffenen hoffen, dass hier noch mehr in die Forschung investiert wird.
Fast alle Menschen, die von invita begleitet werden, machen Fortschritte. „Der Weg in die absolute Selbstständigkeit sind jedoch eher die Ausnahme“, betont Hamedinger.
„Bei vielen, die wir begleiten, geht es darum, dass sie psychisch stabil werden und bei uns ein Zuhause finden. Oft haben die Menschen schon viele Einrichtungen durchlaufen, bevor sie zu uns kommen. Manche Bewohner haben Traumatisierendes erlebt“, sagt die Caritas-Mitarbeiterin. Psychische Beeinträchtigungen können viele Ursachen haben: „Ein Unfall oder eine Krankheit können dazu führen, dass ein bisher ‚normales‘ Leben plötzlich aus den Fugen gerät. Das kann jedem von uns passieren.“