Nach dem Bekanntwerden seiner Pläne, in der oö. Nationalparkgemeinde Molln (Bezirk Kirchdorf) nach Erdgas zu bohren, hat das ausführende heimische Unternehmen ADX Vie GmbH, das eine 100-prozentige Tochter der in Australien börsennotierten ADX Energy Ltd mit Hauptsitz in Perth ist, betont, dass es seit April 2022 im Besitz der für das Projekt nötigen Aufsuchungslizenz sei, aber keine Bohr- und Förderlizenz besitze. Ob es wirklich zu einer Bohrung kommt, ist daher noch offen.
„Es gibt auch bereits Verträge mit dem Grundstückseigentümer, eine Probebohrung ist in Planung“, hieß es in der Presseaussendung des Unternehmens. „Es ist wichtig festzuhalten, dass die Berichte über mögliche große Gasvorkommen von Annahmen (Prospects) ausgehen, keinesfalls aber als sicher gelten können“, hieß es weiter. Erst nach erfolgter Probebohrung könne darüber informiert werden, ob es im Gemeindegebiet Molln überhaupt ein Gasvorkommen gebe und daraufhin bei der Montanbehörde ein Bewilligungsantrag zur Nutzbarmachung eingereicht werden soll.
Unterirdisch lagerndes Erdgas gehört in Österreich dem Staat und nur der Bund ist berechtigt, es zu suchen und zu fördern. Er kann diese Rechte aber gegen Entgelt an Dritte abtreten, wie Erika Wagner, Vorständin des Instituts für Umweltrecht an der Linzer Johannes Kepler Universität im APA-Gespräch erklärte. Das erfolgt durch einen sogenannten AGS-Vertrag (Aufsuchungs-, Gewinnungs- und Speichervertrag betreffend Kohlenwasserstoffe), den der Bund mit dem Unternehmen schließt. Handelnde Behörde ist die Montanbehörde. Sie war in den vergangenen Jahren bei unterschiedlichen Ministerien angesiedelt, aktuell ressortiert sie zum Finanzministerium.
Das Finanzministerium informierte am Montag, dass mit der ADX VIE GmbH seit Jänner 2021 AGS-Verträge für die Aufsuchungsgebiete „ADX-AT-I“ und „ADX-AT-II“ in den Bundesländern Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich existieren. Das Mollner Projekt „Welchau 1“ gehört zu „ADX-AT-II“. Um die in dem Vertrag überlassenen Rechte tatsächlich ausüben zu können, bedürfe es aber noch einer Reihe von behördlichen Genehmigungen – jedenfalls nach dem Mineralrohstoffgesetz, je nach Projekt auch nach weiteren Vorschriften oder gar im Rahmen einer UVP. Bisher liege aber noch kein Antrag auf Bewilligung einer Aufsuchungsbohrung in Molln vor, betonte auch das Ministerium. Daher könne man derzeit auch noch keinerlei Aussage zum Ausmaß einer allfälligen späteren Gewinnung und zum Zeitplan machen.
ADX Energy Ltd rechnet mit einer Gasfeldgröße von 22 Mrd. Kubikmetern, geht aus einer auf deren Website veröffentlichten Mitteilung hervor. Zum Vergleich: Österreich verbraucht pro Jahr rund 8,5 Mrd. Kubikmeter Erdgas. In dem Dokument ist auch die kanadische Energiefinanzierungs- und -entwicklungsgruppe Kepis & Pobe Financial Group Inc. (KPFG) genannt, die die Bohrung zu 50 Prozent finanzieren wolle, um eine 20-prozentige Beteiligung am Gebiet „Welchau“ zu erhalten. Sie habe auch die Option, weitere 50 Prozent gegen weitere 20 Prozent Beteiligung zu finanzieren. Darüber müssen die Kanadier bis 21. Jänner entscheiden. Die Bohrplatzkosten für „Welchau-1“ wurden mit 3,8 Mio. Euro beziffert.
Das Projekt war erst am Wochenende medial bekanntgeworden, nachdem ein Umweltschützer aus Molln zufällig auf die Website von ADX Energy Ltd gestoßen war. Bürgermeister Andreas Rußmann (SPÖ) kritisiert mangelnde Information der Bevölkerung und befürchtet negative Auswirkungen auf die Umwelt. Er habe erst kurz vor Weihnachten eine knappe Erstinformation bekommen. Auf die wahre Größenordnung sei erst der Umweltaktivist gestoßen.
Den Wünschen des Mollner Bürgermeisters nach mehr Informationen wolle man in den kommenden Tagen nachkommen, versicherte ADX am Montag. Es gebe keine Pläne in einem Naturschutzgebiet zu bohren, strich das Unternehmen zudem heraus. Die geplante Bohrstelle liege exakt 2.250 Meter von der Nationalparkgrenze entfernt und nur etwa 20 Meter vom Naturschutzgebiet Jaidhaustal, hieß es vom Nationalpark Kalkalpen, wo man aus den Medien von dem Vorhaben erfuhr. Im Naturschutzrecht zählt allerdings nicht der Standort, sondern die Auswirkung auf das geschützte Gebiet.
Auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte Sonntagabend in der „ZiB2“, dass die Nähe zum Nationalpark Kalkalpen ein Faktor sei, der wohl in einem UVP-Verfahren zu prüfen sein werde. Für Gewessler ist bei dem Projekt der Zeithorizont relevant: Wenn es in der aktuellen Energiekrise einen Beitrag leisten könne, sei sie dafür, dass man es prüfe. Bei einem möglichen Beitrag erst in den 2030er-Jahren sei es nicht mehr sinnvoll. „Weil in den 30er-Jahren muss man ausgestiegen sein aus fossilem Gas.“ Ähnlich der oö. Wirtschafts- und Energielandesrat Markus Achleitner (ÖVP): Es sei gut, „wenn jetzt geprüft wird, ob Erdgasvorkommen in Oberösterreich vorhanden sind und wie rasch diese genutzt werden können“, aber „eine Nutzung heimischer Erdgasvorräte macht nur Sinn, wenn sie in nächster Zeit gefördert werden können.“ Aus dem für die Genehmigung von Probebohrungen zuständigen Finanzministerium heißt es, „neue Bezugsquellen zu akquirieren und Alternativen, die auch heimisches Potenzial einschließen, zu evaluieren und eingehend – ergebnisoffen – zu diskutieren, dient der österreichischen Versorgungssicherheit“.
Für den oberösterreichischen Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) führe eine Realisierung des Projekts zur „skurrilen Situation“, dass ausgerechnet in der „Naturperle Oberösterreichs nach Gas gebohrt wird, das das Klima kaputt macht“. Keinen Grund zur Aufregung sah der für den Naturschutz zuständige LHStv. Manfred Haimbuchner (FPÖ). Von den Bodenschätzen zu wissen sei „etwas sehr Positives“. Diese Möglichkeit abzulehnen in der Annahme, dass man die Ressourcen in wenigen Jahren nicht mehr brauche, „halte ich für kurzsichtig und unverantwortlich“, so Haimbuchner. Die Abteilung für Naturschutz solle in Erfahrung bringen, ob Schutzgüter durch die Bohrungen beeinträchtigt sein könnten, und eine fachliche Beurteilung einleiten, wozu aber noch Detailinformationen beschafft werden müssten.
Die Gemeinde Molln sei „nicht grundsätzlich gegen das Projekt“, aber es müssten einmal alle Fakten auf den Tisch, kann sich der Ortschef des Eindrucks nicht erwehren, dass man „die Bevölkerung so wenig und so spät wie möglich“ informieren wolle. Rückendeckung erhält er von seinem Landesparteichef Michael Lindner, der die Interessen der Gemeindebürger und des Naturschutzes sichergestellt wissen will und vor einem Szenario warnt, dass „ein australischer Konzern österreichisches Gas mit hohen Gewinnen an Österreich zurück oder ins Ausland weiterverkauft“.
ADX ist nach eigenen Angaben eine der wenigen Firmen in Österreich, die das Know-how sowie Lizenzen für eine Erschließung und Förderung von Erdöl und Erdgas sowie die unterirdische Speicherung von Gas besitzt. Erdöl- und Erdgas-Lagerstätten der ADX befinden sich im Großraum Zistersdorf und in Oberösterreich in der Gemeinde Waldneukirchen. 2021 wurde ein Erdöl-„Aufschlussprojekt“ in Anshof durchgeführt, wie ein Blick in den Online-Katalog der geologischen Bundesanstalt zeigt.