Linzer Dschihadisten-Prozess mit Befragung der Angeklagten fortgesetzt

Der Prozess wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung gegen mutmaßliche Dschihadisten und Mitglieder des islamischen Linzer Glaubensvereins Rahmet ist am Dienstag in der oö. Landeshauptstadt im Landesgericht fortgesetzt worden. Der Oberste Gerichtshof hatte im Vorjahr die Urteile des Grazer Landesgerichts teilweise aufgehoben, weshalb nochmals verhandelt wird. Das Verfahren wurde nach Linz delegiert, da die Angeklagten aber auch Zeugen großteils von dort stammen.

Nach dem Hauptbeschuldigten, dem Imam im Verein, der zum Prozessstart am Vortag befragt worden war, kam am Dienstag als zweiter der drei Angeklagten sein mutmaßlicher Stellvertreter an die Reihe. Er sei nur auf dem Papier Schriftführer gewesen und habe Vorträge gehalten, wenn der Imam nicht anwesend war. Auch er sieht sich unschuldig und wies alle Vorwürfe zurück. Er habe die Homepage des Vereines und dessen Auftritt in einem sozialen Netzwerk gestaltet. Er habe nicht gewusst, dass er dort die im Internet gefundene Flagge des Islamischen Staates platziert habe. Er habe geglaubt, es handle sich lediglich um das unbedenkliche Siegel des Propheten. Den IS oder die Terrororganisation Jabhat al-Nusra habe er immer abgelehnt. Er bestätigte, seine Mitwirkung an einer Koran-Verteilungsaktion, die er als grundsätzlich „schön“ bezeichnete, weil sie lediglich die Information über den Islam zum Ziel gehabt habe.

Es sei im Linzer Verein niemals für IS-Kämpfer oder deren Ausrüstung gesammelt worden und auch nicht für bedenkliche Glaubensbrüder in Bulgarien, versicherte er weiters. Ein Zielfernrohr für seinen Bruder habe er auf dessen Ersuchen auf einer Plattform in Deutschland um etwa 200 Euro gekauft und für den Transport in die Türkei gesorgt, bestätigte der Angeklagte allerdings. Er habe aber nicht gewusst, dass damit ein Kalaschnikow-Gewehr aufgerüstet werden könne. Er glaubte, der Bruder werde es in der Türkei mit Gewinn verkaufen, um Geld zu verdienen. Ob der Bruder für den IS gekämpft habe, wisse er nicht. Er war der Meinung, der Bruder arbeite in einer Hilfsorganisation für syrische Flüchtlinge.

Der Staatsanwalt hielt ihm auch auf seinem Computer gefundene zum Teil brutale „44 Wege des Dschihad“, eine „Einladung zum Dschihad“, Verse „Befehle zum Krieg“ und einen Text zum Dschihad in Somalia vor. Diese habe er nicht im Verein verbreitet, verteidigte sich der Angeklagte und er unterstütze sie auch nicht. Der Vertreter der Anklage hielt ihm auch ein abgehörtes Telefonat im April 2014 vor, aus dem er herauslas, dass er sehr wohl über die IS-Mitwirkung des Bruders Bescheid gewusst habe. Der Angeklagte bezeichnete dies als Übersetzungsfehler. Der Vorsitzende des Geschwornengerichtes ordnete nach einer Diskussion über die Art der Befragung eine Pause an.

Ein weiterer Angeklagter bekannte sich ebenfalls nicht schuldig. Er sei 2011 über seinen Vater zum Verein gekommen, jedoch nicht für lange. Damals sei er von dem Bruder des zweiten Angeklagten und mutmaßlichen IS-Kämpfer zur Mitwirkung an einem Projekt für eine legale Straßen-Verteilung des Koran in Linz angesprochen worden. Daran habe er, nachdem er nichts Negatives darüber gefunden habe, mitgewirkt. Der Verein habe damit nichts zu tun gehabt, lediglich einige Leute hätten beim Aufbau des Standes geholfen und der Erstangeklagte sei dort ein paar Stunden dabei gestanden. Dieser habe aber keine Anzeichen von Radikalität gezeigt. Was der andere Projektbeteiligte jetzt mache, wisse er nicht. Nach einem Streit zwischen dem Imam und seinem Vater und dem Hauptangeklagten habe er seit Anfang 2012 keinen Kontakt mehr zum Verein, die Mitglieder seien auch nicht seine „Altersklasse“ gewesen.

Einen Bezug zu anderen Männern, die im Verdacht stehen für den IS gekämpft zu haben, stellte er in Abrede. Auf Nachfrage des Staatsanwaltes, wer die Koran-Verteilungsaktion mit kolportierten 25 Millionen Büchern allein in Deutschland finanziert habe, erklärte er, das wisse er nicht. Dazu, dass er noch 2013 von einer Überwachungskamera am Vereinsgebäude aufgenommen wurde, stellt er fest, er habe damals in der benachbarten Werkstätte seines Bruders gearbeitet und könnte deshalb dort die Toilette aufgesucht haben. Die Aufzeichnung zeige aber auch, dass er allein in dem Gebäude gewesen sei.

Am Mittwoch sollen Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) als Zeugen in dem Fall befragt werden. Inwieweit das öffentlich und in Anwesenheit der Angeklagten erfolgen wird, soll kurz davor entschieden werden. Auch zwei Haftstrafen absitzende Zeugen werden per Videoschaltung befragt. Nach einer Pause am Donnerstag stehen am Freitag weitere Zeugen auf dem Prozessplan. Eine Fortsetzung ist sicher.

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