Das Leben beginnt in einem Garten

Jubelnder Beifall für Tanzproduktion „The Garden“ im Musiktheater

Elena Sofia Bisci
Elena Sofia Bisci © Michael Loizenbauer

Es ist kein idyllischer Garten mit farbiger Blütenpracht und Blumenduft, den das Ensemble von Tanz Linz am Samstag im Großen Saal des Musiktheaters angelegt und präsentiert hat.

Es zeigt viribus unitis das großartige Format von einem Gesamtkunstwerk, das in der derzeit führerlosen Ballettsparte alle über den Tanz hinausgehenden Kräfte freisetzt und jedes einzelne Ensemblemitglied choreografisch sich selbst aus dem jeweiligen Kulturkreis seiner Herkunft darstellt.

„Natur und Kunst“ ist Titel der heurigen Theatersaison, dem man mit der Idee auf eine besonders gelungene Weise gerecht wurde.

15 Tänzer aus zwölf Länder und ihre Porträts

15 Tänzer aus zwölf Ländern und vier Kontinenten setzen sich in ihren Porträts mit dem Thema Natur fantasiereich auseinander und sorgen in 15 Szenen für Spannung und Neugierde. Obwohl die Bühne (Aleksander Kaplun) dafür wenig Inspiration bietet, das Wundermittel Technik begleitet visuell und akustisch den getanzten Kreislauf des Lebens perfekt.

Choreografie, Videoprojektionen und Einsatz von Stimmen (gesungen und gesprochen) gehen eine harmonische Ehe ein, quasi als geglücktes Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele rund um das Thema der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Den leisen Hauch des Atems symbolisieren lediglich zwei filigrane, hohe Drahtgestelle auf der Bühne.

Märchen, Mythologie und Meditatives

Sonst beleben die Kulisse Göttinnen etwa aus der römischen Mythologie wie der brasilianische Archetyp Oxus, ein Faun, hell erleuchtet auf Silberthron oder ein Phönix aus der Asche. Visionen utopischer Art lassen vor dem Beschauer Märchen aufleben und regen zum Meditieren über das Leben an.

Am Ende schließt sich der Kreis der Tänzer auf der Drehbühne. Sie führen von einer Traumwelt in die Realität zurück. „Once upon a time“, ja, es war einmal, so beginnen alle Märchen, auch jene, die nicht wahr werden. Diese Produktion ist wahrhaftig märchenhaft. Weil die Tanz Company Linz eine besondere Liebe, Hingabe und emotionale Stärke in ihrem Beruf auszeichnet.

Tanztheater-Legende Pina Bausch hat einmal gemeint: „Es interessiert mich nicht, was ihre Bewegungen tanzen, sondern was sie fühlen“. Besser könnte die Kreation dieses Gartens nicht beschrieben werden.

An inspirierenden Mithelfern wären zu nennen: Intendant Hermann Schneider (Konzept und Inszenierung), Constantin Georgescu, Yuko Harada (Choreografie), Michael Loizenbauer (Video) und last but not least Aron Breeze (Musik), mit elektronischer Musik im Einklang mit den Tänzern unter Einsatz von Naturgeräuschen und wilden bis sanften, manchmal religiös anmutenden Kultübungen sowie geschickt arrangierten Anleihen wie aus einem Streichquartett von Debussy.

Der allzu freie stilistische Umgang mit den Harmonien ließ leider keine kontrapunktischen Maßstäbe erkennen, fügte sich aber passend in das ungewöhnliche Metier des gleich einer Symphonie angelegten Tanzabends. Die nur eineinhalbstündige Premiere war nicht ausverkauft, es empfehlen sich noch genügend Vorstellungstermine bis zum Februar 2022.