Der österreichische Buchhandel stöhnt derzeit – wie viele andere Geschäftsbereiche – unter den drastischen wie notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.
Das VOLKSBLATT hat – stellvertretend für die ganze Branche – bei zwei kleineren Buchhandlungen in Oberösterreich nachgefragt, wie sie mit der neuen Situation umgehen.
„Na ja, wir sind jetzt eine reine Versandbuchhandlung“, schildert etwa Alex Stelzer, Namensgeber seiner „Buchhandlung „Alex“ am Linzer Hauptplatz – und beschreibt damit das Glück und die Krux an der aktuellen Lage der Buchhändler in einem Satz. Das Onlinegeschäft boomt derzeit nämlich wie noch nie.
Während er die geschätzten Umsatzeinbußen dennoch mit rund 50 Prozent beziffert und als Vorsichtsmaßnahme seine fünf Mitarbeiter einmal zur Kurzarbeit angemeldet hat, weist er zudem auf die verschärfte Situation an den Grenzen hin: „Wir bestellen viel über Stuttgart. Lastwagen kommen nicht mehr so regelmäßig über die Grenze wie üblich. Oft wartet man deshalb zwei bis drei Tage länger auf ein Buch.“
Im Stadtzentrum bringt ein Fahrradkurier die begehrte Ware zum Kunden, für außerhalb wird per Postzustellung geliefert. Der Bioladen „Mein Mühli“ am Linzer Pfarrplatz fungiert darüber hinaus als Abholstation.
„Alles, was ablenkt“
Was die angefragten Bücher betrifft, so überwiegt laut Stelzers Eindruck vor allem Eskapismus: „Auffallend ist, dass sich viele mit dicken Romanen eindecken. Und: Alles, was ablenkt und was lustig ist, denn die Leute haben erstmal genug von Horrorelementen.“ Trotz allen positiven Denkens, der erfreulich vielen Arbeit und des Verständnisses für die verschärften Zeiten ist der Ausblick laut Stelzer doch eher trüb: „Ganz lang wird das auf jeden Fall keine Buchhandlung durchhalten können.“
Auch Michael Neudorfer, Geschäftsführer der Vöcklabrucker Buchhandlung Neudorfer, ist in diesen ungewöhnlichen Tagen mit viel Eifer bei der Arbeit: Während er seine Kollegen größtenteils nach Hause entlassen hat, um Stunden und Urlaub abzubauen, muss neuestens eine Kollegin doch aushelfen, weil sich die Onlinebestellungen beinahe überschlagen. „Das ist natürlich schon sehr erfreulich. Wir liefern von Wien bis nach Lech am Arlberg. Im Internet spricht sich offenbar herum, dass wir schnell und unkompliziert sind.“
Natürlich kompensiere das nicht das normale Geschäft im Laden, so Neudorfer. Das viele Einpacken und Rechnungenschreiben erfordere Zeit, aber es zeigt eindeutig: Die Leute können einfach ohne Bücher nicht.“ Im Umkreis erledigt er selbst die Hauszustellungen. „Das ist nicht nur ein materieller, sondern auch ein ideeller Wert, das schätzen die Leute sehr.“ Aber auch Neudorfer ist mit Lieferproblemen konfrontiert: „Der größte österreichische Auslieferer kommt wegen einer gekürzten Belegschaft nicht mehr mit dem Verladen zusammen. Die Ware benötigt einen Tag länger als sonst.“
Puzzles hoch im Kurs
Gefragt sind neben Lehrbüchern zur Fortbildung, Beschäftigungsbüchern für Kinder und Krimis jedoch vor allem Puzzles, so der Buchhändler: „Hier ist fast nichts mehr lieferbar. Es ist unglaublich.“ Interessant ist auch, dass Neuerscheinungen aktuell weniger verlangt werden. Ob historische Schmöker oder ältere Romane: alles, was ablenkt, wird gekauft.
Spannend: Jonathan Coes „Middle England“— eine Brexit-Gesellschaftssatire — wird derzeit auch stark nachgefragt in Vöcklabruck. Und natürlich: „Die Pest“ von Albert Camus, fünf Bestellungen befinden sich auf der Warteliste. Der Roman ist ausverkauft, ein Nachdruck in Arbeit. Mit Eskapismus ist es also doch nicht so weit her. Zumindest nicht für alle.