Im Glanz eines Meisterinterpreten

Wiener Klassik, Bruno Weil und das Bruckner Orchester im Netz

Dirigent Bruno Weil
Dirigent Bruno Weil © R. Winkler

Ein leerer Saal, Orchestereleganz, am Pult Erster Gastdirigent des Bruckner Orchesters Bruno Weil als Entschädigung für ein sehnlich erwartetes Festkonzert im vollen Brucknerhaus.

Und Weil streute Rosen für den ihm bereits seit 2017 verbundenen Klangkörper. „Im Bruckner Orchester kann ich mich frei bewegen“. In der Tat tröstete das Online-Konzert über die notgedrungene Situation voll und ganz.

Denn über das Programm mit Schubert und Haydn hinaus erlebte man quasi eine Lehrstunde über das Dirigieren und die Aufführungsgeheimnisse, wie darüber niemand kompetenter als Weil aus seiner 50-jährigen Pulttätigkeit berichten könnte. Bezogen auf die von ihm ausgewählten Werke, nicht zufällig auf die Wiener Klassik, über deren heute verloren gegangenen Stil er Enttäuschungen erlebt und an diesem Thema nicht umsonst auch an einem Buchprojekt arbeitet.

Primär was die richtige Phrasierung betrifft, ist nicht nur für eine Haydn-Sinfonie ausschlaggebend. Man muss spielen, was nicht in der Partitur steht. Geist, Witz und auch den für Haydn so wichtigen Humor herauslesen. Gerade in dieser heutigen Sinfonie Nr. 70 in D-Dur HV I:70 ist so gut wie nichts gesagt, um es mit Weils Worten zu sagen.

Auch Übertreibungen sind erlaubt eben Überraschungen, die diesmal auch reichlich aus Bruno Weils eher unauffälliger Zeichengebung bei totaler Ausdrucksstärke zu einem neu erfahrbaren Haydn geführt haben.

Bei Schubert erging es uns am Bildschirm nicht anders. Seine „Deutschen Tänze“ op. D 820 im Jahr 1824 komponiert, in der Orchesterfassung von Anton von Webern aus 1931, klangen wie eine Hommage an den Liederfürsten, in ihrer Zartheit und minimalistischen Größe der Instrumentation von Weil so berührend gedeutet, wie sie lange nicht mehr live gespielt wurden.

Eine von Webern selbst dirigierte Aufnahme kann viel Hörfreude erwecken und lässt zum Glück auf das großartige Opus nicht vergessen. Und zum Finale des Streaming-Vergnügens die Sinfonie Nr. 6 D-Dur D 589 von Schubert aus 1818. Warum gerade diese Sinfonie, wollte Markus Poschner im Gespräch mit Weil wissen.

Sie schließe alle Zweifel für das sinfonische Schaffen ein, die Schubert zur Zeit der Entstehung erfahren musste. Er bewegte sich schöpferisch im Umfeld des mächtigen Beethoven, und da war da noch der Rossini-Taumel für den großen Opernkomponisten irritierend für die „Sechste“, in deren Schlusssatz er eine echte Ouvertüre einbaute.

Von Georgina Szeless