„Die Kunst und der Krieg sind Antipoden“, lautete die zentrale Aussage von Festredner Ilija Trojanow bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele, die noch bis 31. August laufen. „Das Verhältnis von Kunst und Macht, es ist komplex“, sagte der Schriftsteller und verwies darauf, „dass der Krieg an sich ein Verbrechen ist“.
„Es gibt kein Zurück in die gute alte Zeit“
Mit ernsten, ja dramatischen Worten wandte sich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen an das Publikum. „Es liegen herausfordernde Jahre für uns, unser Gemeinwesen und für unsere demokratischen Institutionen vor uns“, sagte er Bezug nehmend auf den Ukraine-Krieg. „Es gibt kein Zurück in die gute alte Zeit. Es braucht ein grundlegendes Umdenken, wenn wir diese Krise erfolgreich bewältigen wollen.“ In der Ukraine werde um das gekämpft und gestorben, „woran wir glauben. Um unsere Werte! Um unsere Art zu leben. Um unsere Freiheit. Um unseren Frieden.“ All jene, die nun „insgeheim oder ganz ungeniert“ mit den Interessen Putins sympathisieren oder — tatsächlich oder vermeintlich — mit ihm kollaborieren, würden den europäischen Zusammenhalt doppelt gefährden. „Denn das ist eine uralte Despotenpraxis: divide et impera, teile und herrsche“, so Van der Bellen in seiner Rede am Ende des Festakts in der Felsenreitschule, bei dem das Mozarteumorchester Salzburg unter Duncan Ward sowie der Bachchor Salzburg mit Stücken von Felix Mendelssohn Bartholdy, Giacinto Scelsi und des 1937 geborenen ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov den musikalischen Programmteil bestritten.
Festspielpräsidentin Kristina Hammer nahm bei ihrer ersten Eröffnung („Ich darf mich kurz vorstellen: Ich bin die Neue.“) in ihren Begrüßungsworten auf Ukraine-Krieg, Pandemie, Energie- und Klimakrise Bezug. „Wir brauchen Kunst. Weil sie Geistes- und Herzensbildung in einem ist – und vermutlich das einzige Instrument, das unsere Individualität und unseren Gemeinschaftssinn gleichermaßen stärkt.“
„Auf der ganzen Welt leiden Menschen, hungern und sterben. Die Salzburger Festspiele finden statt. Trotzdem“, sagte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Man könne sich nicht heraushalten.
„Desertieren wir aus der Eintönigkeit des Krieges“
Festredner Trojanow nahm sich bei seinen Bezügen auf die Gegenwart und die Salzburger Festspiele kein Blatt vor den Mund. So verwies er auf ein Video von Alexei Nawalny, das den Dirigenten Valery Gergiev „als Großgrundgewinnler“ zeige: „Dutzende Immobilien, vor allem in Italien — eine Villa mit 18 Zimmern in einem Golfklub, ein ganzes Kap in Amalfi, dreißig Hektar in Rimini, 800.000 m² in Mailand, ein Palazzo in Venedig und und und. Das Ass im Ärmel dieses Dirigenten ist sein eigener Wohltätigkeitsfonds, an dem er sich nach Belieben bedient, gefördert von den mafiösen Banken seines Landes. Und von der Moskauer Regierung. Vier Milliarden Rubel insgesamt.“ Trojanows Fazit am Ende seiner Rede: „Desertieren wir also aus der Eintönigkeit des Krieges in die Vieltönigkeit der Kunst!“