Das Festkonzert des Landes Oberösterreich, auf den Tag genau am 4. September, dem 200. Geburtstag Anton Bruckners, in der Basilika St. Florian furios zum Klingen gebracht, geriet durch viele zusammenwirkende Faktoren zu einem mehr als außergewöhnlichen Erlebnis.
Präsenz verknüpft mit außerordentlichem Ereignis
Bruckner blieb sein Leben lang mit St. Florian verbunden und durch sein Lieblingsinstrument, die nach ihm benannte Bruckner-Orgel, und seine letzte Ruhestätte tief unter der Orgel-Empore als Genius loci emotional und gedanklich stets präsent; dies speziell dann, wenn seine Musik die Basilika erfüllt. Wenn sich diese Präsenz mit einem außerordentlichen künstlerischen Ereignis, dem einmaligen Datum und der Aura des Ortes verknüpft, entsteht fast ein Übermaß an Feststimmung, wie sie im Konzert selbst und im zeitlichen Umfeld jederzeit spürbar war.
Erlesene Solostimmen
Bruckners „Te Deum“ wurde in früheren Zeiten oft statt des fehlenden vierten Satzes seiner 9. Sinfonie aufgeführt; diesmal erklang es bewusst vor der Sinfonie als eigenständiges Kunstwerk; wohl auch, um den „vollendeten Charakter“ der eigentlich unvollendeten „Neunten“ zu demonstrieren. Die Solostimmen brachte ein Quartett von Weltrang ein: Camilla Nylund, Sopran; Christa Mayer, Alt; Piotr Beczala, Tenor; Michael Volle, Bariton.
Maßstäbliche und berührende Aufführung
Markus Poschner dirigierte energiegeladen und feinfühlig zugleich; das Bruckner Orchester spielte in Hochform; Hard Chor und Jeunesse-Chor, von Alexander Koller und Wolfgang Mayrhofer exakt einstudiert, folgten mit bewundernswerter Agogik den Intentionen des Dirigenten. Aus den erlesenen Solostimmen ragte der Tenor Beczalas in seiner Klarheit und Intensität noch heraus, sodass insgesamt eine maßstäbliche und sehr berührende Aufführung gelang.
Entmystifiziert und mit viel Liebe zum Detail
Bruckners 9. Sinfonie in d-Moll ist ein Kosmos für sich, der aufgrund seiner Komplexität eine Fülle von Deutungen herausfordert. Poschners Version zeigt eine Tendenz zu Entmystifizierung und deutlicher Artikulation mit viel Liebe zum Detail und ungewöhnlichen Tempi. Grelle, dynamische Kontraste finden sich ebenso wie die Betonung des ruhigen, scheinbar Unwesentlichen. Den wüsten, stampfenden Rhythmen im Scherzo folgten die fast überirdischen Klänge des Adagios, aber nicht als „Schwanengesang“, sondern als abgeklärtes Resùmée. Nach dem letzten Ton minutenlange Stille, dann explosiver Beifall und Standing Ovations.
Von Paul Stepanek