Worte abgenagt wie Hustenzuckerl, der Kunstbetrieb liebt das Phrasenschweinderl. „In Dialog treten“ ein Prachtexemplar prominenter Worthülsen – und im Museum Angerlehner in Thalheim bei Wels ein kleines Wunder: Michael Vonbanks Werke suchen unausweichlich und radikal den Dialog.
Sie kommunizieren, sie sind Spiegel, sie bringen Selbstgewissheit ins Wanken. Sie erheitern, sie springen einen an, sie stören den Alltag auf schönste Weise. Wild und ungestüm, doch konzentriert ausgeführt. Kopf- und Herzgeburten, fantastische Wesen, im ersten Augenblick vielleicht befremdend, die Erkenntnis unausweichlich: Das sind wir.
Die innere Kraft
Michael Vonbank, 1964 in Bludenz geboren, viel zu früh 2015 in Wien gestorben, studierte Jus, brach das Studium ab und wurde Schüler von Christian Ludwig Attersee. Vonbank schrieb Literatur, es zog ihn zum Theater, theatralisch inszeniert sind auch seine Bilder. Figurenensembles, aber eben außergewöhnliche Figuren.
„Dämonentheater“ der Titel der Ausstellung im Museum Angerlehner, die Dämonen nicht in irgendwelchen Unterwelten angesiedelt, sondern präsent. Jenseits von gut oder böse, der ursprünglichen Wortbedeutung im antiken Griechenland nahe. „Daimonion“ steht für eine innere Stimme, eine innere Kraft. Der Job der Kunst seit jeher, dieser Kraft nachzuspüren, die sich dann etwa im sich rationalistisch wähnenden Zeitalter als „Unbewusstes“ Bahn brach.
„Die Kunst ging ihm über alles, dafür hat er gebrannt“, sagt Beate Sprenger, langjährige Lebensgefährtin und Nachlassverwalterin von Vonbank. Verborgenes und Verdrängtes manifestiert sich, der Mensch nicht bloß Mensch, wahnhafte „Krone der Schöpfung“, sondern auch Tier und eben Dämon.
Kurator Vitus Weh verantwortet die „Dramaturgie“ der Ausstellung, bringt Vonbank in – jawohl! – Dialog mit Werken aus der Sammlung des Museums. Arnulf Rainer übermalte japanische Masken, Assunta Abdel Azim Mohamed entzückt mit einer konträren Maskerade aus dem Freizeit-Alltag: große Grillparty, mit Kugelschreiber gezeichnet. Fritz Fröhlich, 2001 verstorbener Linzer, lässt in „eingrenzen – ausgrenzen – begrenzen“ Pflanzliches aus einem Frauenkopf wachsen. Wandelbare Gestalt, Vonbank selbst malte „Verwandlung“. Ein Sich-Häuten ist stets möglich, eine Serie von Günter Brus konterkariert mit aktionistischem Furor.
Auf dem Boden begleiten Kobolde und „Glücksdämonen“ durch die Ausstellung, auf einem Tisch platziert „Flaschengeister“. Farbe wuchert bunt auf den Flaschen, schattenhafte Grimassen eingearbeitet. Rausch und Lust, Sucht und Abgrund, Vonbank lässt dem Betrachter stets die Wahl. Die Dämonen nicht außerweltlich, sie grinsen und glotzen einem im Spiegel entgegen. Oder sind im Kopf, in den Träumen. Sie sind in und auf Vonbanks Bildern.
Eröffnung „Dämonentheater“ am Sonntag, 11 Uhr. Im Obergeschoß Ausstellung „Mit Eigensinn. Schmuck aus Österreich. Künstlerinnen im Fokus.“ Bis 25. September.
Von Christian Pichler