Am Offensee bei Ebensee weitete sich der „gesungene Horizont“

Veranstaltung im Rahmen von „Salzkammer(Sc)hall“, einem Projekt für die Kulturhauptstadt 2024

Wetten, dass ein noch so universal gebildeter Musikkenner so etwas noch nie erlebt hat. Auf einer ziemlich ungemütlich begehbaren Wiese im Norden des Offensees bei Ebensee war kürzlich eine Uraufführung des innovativ schaffenden Komponisten Georg Nussbaumer zu erleben. Mit dem ungeläufigen, geschichtsverdächtigen Namen „Der gesungene Horizont“ vor dem imposanten, fast gänzlich unverstellten 360 Grad Gebirgspanorama ein idealer Ort für das derart ausgefallene königlich erfundene Projekt, das auch Alexander Koller vom O.Ö. Chorverband spontan begeisterte.

Der gesungene Horizont war eine Veranstaltung im Rahmen von „Salzkammer(Sc)hall“, einem  Projekt für die Kulturhauptstadt Bad Ischl/Salzkammergut 2024. Dabei werden 4 klingende Säulen der „Salzkammergutkultur“ — die zugleich auch zu deren Klischees gehören — unter Verwendung von Gewohntem neu und in die Zukunft weisend fortgeschrieben. Eine neue Sicht auf Gewohntes und vermeintlich Stabiles soll als Erweiterung der Wahrnehmung durch sinnliches Tun am Vertrauten erlebt werden — für Beteiligte wie für das Publikum und Menschen, die nur zufällig oder am Rande davon hören.

Mit seinen Ensembles, dem Hard-Chor und der Linzer Singakademie, reiste man also an den Offensee, noch ziemlich skeptisch, aber neugierig, was die Sängergemeinschaft erwarten würde.

Die Erinnerungen daran begleiten euphorische Klänge. Es war einfach unbeschreibbar schön, ganz super. Aber wie lässt man eine Landschaft singen, klingen ohne Noten ? Der Horizont liest in der Landschaft und liest diese zugleich als Notation.

Die Horizontlinie wird zur klingenden Linie, die gemeinsam „abgesungen“ wird. Langsam folgen die Stimmen den auf- und abwärts steigenden Kämmen, überschreiten Gipfel, springen über Kanten oder bleiben bei horizontalen Bergkanten stabil.

Aber was mussten wir eigentlich zu dieser „Naturmutation“ machen? Vokale Laute in ungleicher Höhe Melodielinien singen, locker aufgestellt sein, mit einem Papiertrichter in der Hand sich um die eigene Achse drehen, wenn der mitmarschierende uns die Richtung weisende „Pilot“ mit seinem Paddelstab das angab. Dazu auch technisch geschickt sein. Einen Soundfile aufs Smartphone laden, mit dem via Kopfhörer stimmgeführt mitzusingen war.

Zum Lohn für das Publikum, das sich in Scharen auf uns zubewegte, gab’s dann zwei Werke aus dem Chorrepertoire „Locus iste“ von Anton Bruckner und einen geschickt gesetzten Jodler nach einem Zitat aus Mozarts Requiem. Gleich mehrmals hintereinander, weil außer uns zugleich auch andere Chöre ihre Kehlen tanzen ließen und man gemeinsam fertig werden sollte. Fast fünfzig Minuten dauerte der Spaß mit einer Crash-Wirkung, wir haben ja auch Brucknerjahr.

„Der gesungene Horizont“ wurde so gemeinsam „abgesungen“, viel beklatscht und wir traten erleichtert die Busheimreise an. Wer mitgesungen hat, wird sich klar sein, dass wir ein nicht zu vergessendes Ereignis erlebt haben. Gefordert waren wir schon, besonders die ältere Generation wie ich selbst, aber ich möchte den auch vom Wettergott unterstützten, herrlich temperierten Sonntag nicht vermissen. Er war eine Bereicherung meines Lebens.

Die letzte Veranstaltung im Rahmen von „Salzkammer(Sc)hall“ ist am 12. Oktober in der Schottergrube Vorchdorf (17 Uhr) „Die Landschaftsorgel“, ein Projekt für Blasmusiker.

Von Georgina Szeless

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