Amazon läutet zweite Runde für „Die Ringe der Macht“ ein

Sprechende Bäume, glühende Feuerdämonen, üppige Landschaften, ballettartiges Bogenschießen, sonnige Elbenländer, grausige Orks in Hülle und Fülle. Das Erste, was man über die Fortsetzung der angeblich teuersten Serie der Fernsehgeschichte sagen kann, ist: ihr Preisschild ist ihr deutlich anzusehen. Die zweite Staffel von „Die Ringe der Macht“ auf Amazon ist mindestens so schimmernd wie die Ringe, um die es geht. Die Tolkien-Adaption ist ab heute abrufbar.

Um alle Völker der Erde quasi „ewig zu binden“, hat Amazon bekanntlich keine Kosten gescheut und uns einen Trip zurück nach Mittelerde organisiert. „Die Ringe der Macht“ ist Geschichtenerzählen mit roher, monetärer Gewalt. Fernsehen, das man eigentlich im Kino ansehen sollte, weil es so gewaltig ist. Dies ist schließlich die vielleicht teuerste Serie, die jemals gemacht wurde, ein Blockbuster-Prequel, dessen erste Staffel Amazon 465 Millionen US-Dollar gekostet haben soll.

Im schlimmsten Fall hätte dieses üppige Budget zu einer herzlosen Enttäuschung führen können. Aber es ist eine Erleichterung festzustellen, dass die zweite Staffel, dessen ersten drei Episoden heute auf Prime Video starten, besser ist als die erste, die wie ein dröger Peter-Jackson-Abklatsch daherkam. Es ist schön, eine riesige Fantasyserie zu haben, in der zwei Zauberer einfach um eine Feuerstelle sitzen und ein Lied singen.

Wir wissen, dass aus rechtlichen Gründen keine der Hauptfiguren von Peter Jacksons Filmen darin vorkommen darf. Also haben die Showrunner J.D. Payne und Patrick McKay, was man durchaus smart finden darf, ihre Serie einige tausend Jahre vor Frodos Odyssee zum Schicksalsberg datiert. Drei Ringe für die Elben waren am Ende von Staffel 1 endlich geschmiedet. In Staffel 2 werden sie ihrem zerstörerischen Versprechen gerecht.

Sauron (Charlie Vickers), ehemals Halbrand, kriecht aus den Schatten und verwandelt sich in einen blonden Elben (ein kitschiger Beau fast so märchenhaft wie Orlando Blooms Legolas). In dieser Gestalt kann er Celebrimbor (der eigentliche Schatz der Serie: Charles Edwards) täuschen, denn Sauron möchte, dass der Schmiedemeister von Eregion noch 16 weitere Ringe für ihn macht. Unterdessen sind die Elben mit ihren magischen Accessoires beschäftigt. Galadriel, die inbrünstig von Morfydd Clark gespielt wird, glaubt, dass die Ringe ihre letzte Hoffnung sind, während Elrond (Robert Aramayo) sie davor warnt, dass sie keinem Geschenk von Sauron trauen können.

Die niedlichen Halblinge verleihen der Serie weiterhin jede Menge Charme. Keine Spoiler (Amazon hat allen Journalisten ein langes „Spoiler-Dokument“ geschickt), aber sie helfen nicht nur dem „Fremden“ (Daniel Weyman) seine Identität zu finden, sondern werden auch von einem bösen Magier (Ciarán Hinds) verfolgt. Unterdessen verfällt der sture Zwergenkönig (Peter Mullan) in den Tiefen der Minen seinem Geiz und die Menschen in Númenor können nicht aufhören, sich zu streiten.

All das Gold, das Amazon ausgegeben hat, ist deutlich auf dem Bildschirm zu sehen und mit Bear McCrearys Klanglandschaft (nach einem Thema von Howard Shore) voller dröhnender Hörner und dämonischer Flüstern unterlegt. Die zweite Staffel hat im Grunde mehr von allem: das bedeutet mehr Kreaturen, darunter ein Seeungeheuer, ein Feuerdämon und Ents, mehr epische Schlachten und mehr sonnengeküsste Elbenländer.

In seinen besten Szenen aber ist die Fortsetzung eine berührende Shakespeare-Tragödie, die auf den grundlegendsten menschlichen Schwächen basiert: Habgier, Hochmut und Egoismus. Es geht darum, etwas bedeuten zu wollen. Das Ende der Saga ist natürlich bereits geschrieben (willkommen in der Welt der Prequels). Aber es wird vielmehr darum gehen, wie das in fünf Staffeln passieren wird. Um es mit den Worten des Hauptschurken zu sagen: „Die Straße geht weiter, immer kurvenreich, und nicht einmal ich kann alle ihre Pfade sehen.“

(Von Marietta Steinhart/APA)

amazon.de

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