Sie ist aus dem ORF 2-Nachmittagsprogramm nicht wegzudenken: Barbara Karlich betreibt seit einem Vierteljahrhundert ihre eigene Talksendung und hält damit den Rekord im deutschsprachigen Raum. Am 27. Oktober 1999 hatte die „Barbara Karlich Show“ Premiere, was der ORF ab Montag mit vier Jubiläumsfolgen (stets 16 Uhr) feiert. Mit dabei sind zahlreiche prominente Gäste wie Thomas Brezina, Renate Götschl, Kai Pflaume, Toni Polster, Caroline Athanasiadis und Aglaia Szyszkowitz.
Die vier Sendungen widmen sich den Themen „Liebesgeschichten“ (Montag), „Schicksalsschläge“ (Dienstag), „Einfach humorvoll“ (Mittwoch) und „Rekordverdächtig“ (Donnerstag). Die Feierlichkeiten werden zudem ab 8. November immer freitags mit sieben Klassikern aus der langen Sendungsgeschichte verlängert. So sind etwa die Ausgaben „Wahrsager sind doch nur Betrüger“ aus 1999 oder „Nackte Tatsachen – ich kenne keine Scham“ aus 2004 zu sehen. Im APA-Interview blickt Karlich (55) auf die 4.500 produzierten Sendungen zurück, spricht über das neuerdings ausgesparte Studiopublikum, und erklärt, warum ihre Sendung all die Jahre überdauerte.
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APA: Frau Karlich, seit 25 Jahren moderieren sie ihre Talksendung „Die Barbara Karlich Show“ bzw. neuerdings „Barbara Karlich – Talk um 4“. Wie fühlt sich das an?
Barbara Karlich: Ich denke mir nur: „Verdammt, wie schnell vergeht die Zeit“. Die ersten Aufzeichnungen kommen mir vor, als wären sie gestern gewesen. Ich habe immer nur für ein Jahr unterschrieben und dachte mir, es wird irgendwann die Zeit kommen, wo es mir fad wird und ich was anderes machen will. Angebote gab es ja. Aber ich habe mich so wohlgefühlt, und es war so kompatibel mit der Familie. Mein Team ist so großartig, ich fahre jeden Tag gerne in die Arbeit. Nie habe ich darüber nachgedacht aufzuhören, kein einziges Mal.
APA: Die „Barbara Karlich Show“ heißt seit kurzem „Barbara Karlich – Talk um 4“ und wird ohne Studiopublikum aufgezeichnet…
Karlich: Für mich ist es immer noch die „Karlich Show“. Mit „Talk um 4“ tue ich mir immer noch schwer.
APA: Sind Sie nicht glücklich mit dem neuen Namen?
Karlich: Naja, ich bin nicht unglücklich darüber, dass es weitergegangen ist. Aber ich vermisse mein Publikum, die Menschen im Hintergrund und ihre Meinungen einzufangen und Fragen weiterzugeben. Jetzt bin ich eben näher an den Gästen dran, und der Ablauf ist auch schneller. Viele haben vor der Umstellung gemeint: „Das wird fad.“ Finde ich nicht. Die Sendungen sind superspannend. Aber es mutet anders an.
APA: Die offizielle Begründung war ja, einen intimeren Rahmen für noch intensivere Diskussionen zu schaffen…
Karlich: Corona hat natürlich gezeigt, dass es auch ohne Publikum geht. Es ist sicher auch eine gewisse Kostenfrage. Aber ja, es sind auch intimere Diskussionen.
APA: Haben Sie Feedback aus der Zuseherschaft zur Umstellung bekommen?
Karlich: Den meisten gefällt es jetzt besser. Die „Karlich Show“ ist eher für älteres Publikum gemacht. Man kann jetzt besser folgen. Wenn irgendwelche Fragen aus dem Publikum gekommen sind – die wurden teilweise auch rausgeschrien -, dann musste kurz unterbrochen werden. Der Redefluss ist jetzt besser.
APA: Sie haben die am längsten laufende Talkshow im deutschsprachigen Raum. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Karlich: In einer Doku habe ich kürzlich gesehen, dass die Talkshows in Deutschland in den 90er-Jahren eigentlich ganz unterhaltsam und auch sehr respektvoll waren. Es ist dann aber ausgeartet, wie ein junges Pferd, das durchgegangen ist. Plötzlich war es nur noch ein Vorführen und Streiten, ja ein Schlammcatchen. Das war die „Karlich“ nie. Klar hatten wir auch Menschen, die sehr direkt waren und Sachen gesagt haben, die heute nicht mehr in Ordnung sind, weil die Political Correctness eine ganz andere ist. Ich war von meiner Warte aus immer respektvoll und freundlich – und zwar jedem und jeder gegenüber. Ich habe mich immer bemüht, nie die Gäste vorzuführen. Wir machen eine Sendung mit Niveau. Ich habe mit den Gästen geweint, gelacht, gestaunt.
APA: Wie findet man eigentlich diese vielen Gäste?
Karlich: Ich hätte die Show nicht 25 Jahre lang machen können, wenn ich nicht ein super Team hätte. Es stemmt die anstrengende Recherche. Die Redakteure suchen in sozialen Netzwerken, gehen aber auch hinaus auf Messen, Feuerwehrfeste, Opernabende, sind in der U-Bahn, in Wirtshäusern, am Skilift. Und da quatscht man die Leute einfach an. Wir schnappen uns auch interessante Personen, die in Medienberichten vorkommen. Viele werden auch rekrutiert aus den Leuten, die anrufen und sich über irgendwas in der Sendung maßlos aufregen.
APA: Hat sich Ihr Moderationsstil im Laufe der 25 Jahre verändert?
Karlich: Im Zuge der Jubiläumssendungen sieht man einen Ausschnitt aus meinem Casting. Ich höre mir das so an und denke mir: „Heast, ich mache das noch genauso!“ Aber das war das Casting! Da hatte ich noch nicht die Erfahrung und all die Schulungen. Ich bin mit der Show ins kalte Wasser geschmissen worden und habe sofort schwimmen können.
APA: Haben Sie Lieblingsthemen oder nehmen Sie alles, wie es kommt?
Karlich: Man kann jedes Thema spannend aufbereiten. Bei Themen rund um den Tod tue ich mir aber irrsinnig schwer. Auch hatte ich über Jahre Muttertagssendungen. Irgendwann sind sie mir auf die Nerven gegangen, weil es immer dasselbe war. Und dann haben wir gesagt: „Machen wir was anderes. Machen wir ‚Ich pfeif‘ auf Muttertag’“. Dann ging ein Raunen durch die Redaktion: „Das kannst nicht machen!“ (lacht) Aber das war so super. Da waren Mütter, die gesagt haben, wie es ihnen auf die Nerven geht, wenn Kinder die ganze Küche verwüsten, mit irgendwelchen Sachen kommen, die man sowieso nicht sehen will, man von den Kindern, die nur einmal im Jahr kommen, in ein Wirtshaus geschleppt wird und man am liebsten zuhause wäre. Da ist alles aus den Müttern rausgebrochen. So etwas gefällt mir.
APA: Wann sind Sie mit einer Show zufrieden und tritt das oft ein?
Karlich: Selten, weil ich ein sehr kritischer Mensch bin. Nicht nur anderen, sondern auch mir selber gegenüber. Ich kann mit gerechtfertigter, konstruktiver Kritik viel besser umgehen als mit Lob. Es gibt schon Sendungen, nach denen ich mir denke: „Das ist gut gelungen.“ Wobei ich manchmal gar nicht weiß, wieso es mir gelungen ist. Aber meistens kritisiere ich mich selber. Wenn ich heimfahre nach den Aufzeichnungen oder auch wenn ich schon schlafe, wache ich auf und denke mir: „Oh Gott, die eine entscheidende Frage habe ich nicht gestellt!“ Generell stelle ich sehr viele Fragen aus dem Bauch raus. Ich bin ganz schlecht, wenn Drehbücher geschrieben werden. Für die „Karlich“ haben wir aber eh keine Drehbücher, nur einen Ablauf.
APA: Meine entscheidende Frage zum Schluss ist: Wie lange geht es mit Ihrer Show noch weiter?
Karlich: Die meisten fragen mich, ob es noch weitere 25 Jahre geben wird. Dann bin ich aber 80 Jahre alt…. Aber auf der anderen Seite: Why not? Wenn ich es erlebe, noch fit und neugierig bin, kann ich mir vorstellen, es noch länger zu machen.
APA: Der ORF muss auch mitspielen…
Karlich: Ja, aber viel wichtiger sind noch die Menschen da draußen. Du kannst Sendungen ohne Ende machen, aber wenn die niemand sehen will…
APA: Die Quoten sind noch gut?
Karlich: Der Marktanteil ist konstant gut. Besser könnte er immer sein.
(Die Fragen stellte Lukas Wodicka/APA)