Die britische Popsängerin Ellie Goulding hat Samstagabend mit dem „Top of the Mountain Opening Concert“ die Skisaison in Ischgl offiziell eröffnet. Mit fünf Backgroundsängerinnen im Schlepptau und kräftigen Popbeats im Gepäck servierte sie den rund 18.000 Besuchern einige Ohrwürmer, tanzbare Sounds und vor allem ihre markante Stimme. Ein Abend, der trotz Frontfrau-Charisma, sichtlichem Band-Engagement und allseits guter Laune nicht restlos überzeugen konnte.
Das in der Setlist nicht unbedingt bescheiden „Ouvertüre“ genannte Intro des Konzertes, das nahe der Talstation im Ortsgebiet stattfand, gab dabei bereits zu Beginn des Gigs die Musik-Marschrichtung vor und bildete gewissermaßen den atmosphärischen Rahmen: Harte, zeitgemäße Beats dominierten, darüber gelegt bald schon die ätherisch-schwebende Stimme von Goulding. Ebenjene war sowohl Ankerpunkt als auch zum Teil Schwachstelle: Nicht alle Töne saßen perfekt, manches lag leicht, aber doch dezent und allgemein hörbar daneben.
Tatsächlich fiel das aber gar nicht allzu sehr ins Gewicht: Die starke Band, neben den Backgroundsängerinnen etwa aus einem Mann am Keyboard und einer weiteren Person am Schlagzeug bestehend, glich die Sängerin-Unsicherheiten aus, riss insgesamt mit, bot Goulding auch in gefälligeren Musiksituationen immer wieder die geeignete Sound-Spielwiese um das Publikum im rappelvollen Konzertgelände intensiv zum Mitspringen zu animieren. Schritt für Schritt zog die 37-jährige Britin so – lässig ganz in schwarz mit schwarzer Lederjacke gekleidet – die Menschen in ihren Bann und rang ihnen zunehmend Mitsingpassagen ab.
Besonders brodelnd war die Stimmung bereits in der ersten Konzerthälfte mit dem 2020er-Hit „Power“, aber auch „Higher Than Heaven“, der Titelsong ihres aktuellen Albums, stieß ganz und gar nicht auf taube Ohren. Überhaupt wurde vieles – auch fast Unbekanntes und Neues – überaus wohlwollend aufgenommen und mehr als nur freundlich beklatscht. Auf den wohl größten Goulding-Hit – „Love Me Like You Do“ – warteten die zahlreichen Zuhörer aber lange: Bis zum Ende des Konzertes und den zwei Zugaben. Auch einen weiteren Megahit – „Burn“ – versteckte sie in ebendiesem, abschließenden Konzertblock. Reines Fanservice war Goulding also offenbar zu wenig: Sie wollte sich augenscheinlich und hörbar auch als vielseitige Künstlerin jenseits der, der breiten Masse bekannten, Pop-Gassenhauer präsentieren.
Ob das vollständig gelang – nicht nur wegen der genannten einen oder anderen gesanglichen Schwäche – darf durchaus angezweifelt werden. Die Mischung aus Zugänglichem und Sperrigem wirkte wenig ausbalanciert und ließ eine gewisse künstlerische Unentschlossenheit erkennen. Somit war sie letztlich weder Beyoncé noch Björk. Beide sind Musikerinnen, die sie verehrt und die künstlerische Gegensätze repräsentieren: Auf der einen Seiten die versierte Stadionmusikerin, auf der anderen Seiten das künstlerisch-versponnenen Kunstwesen aus Island. Goulding war weder das Eine noch das Andere.