Bruckner-Sinfonie anders im Schönberg-Jahr

Eine verkleinerte Version von Bruckners Sinfonie Nr. 6, prächtig musiziert von einem neunköpfigen Ensemble
Eine verkleinerte Version von Bruckners Sinfonie Nr. 6, prächtig musiziert von einem neunköpfigen Ensemble © Hartl

Es war wie ein Pflichtbeitrag der Bruckner-Uni im Brucknerjahr, seine Sinfonie Nr. 6 (1879-81) in einer Kammermusikfassung in der Privatuniversität vorzustellen. Der dort als Professor für Musiktheorie lehrende deutsche Organist Matthias Giesen hat die verkleinerte Version von Bruckners Sinfonie Nr. 6 erstellt und ihre „Uraufführung“ am Mittwoch einem neunköpfigen Ensemble anvertraut.

Eine Sensationsleistung, die jede Erwartung von einer neuen Sechsten von Bruckner mit einer komplexen Rezeptionsgeschichte übertroffen hatte. Die Idee hat ihren Ursprung bei Arnold Schönberg, dem um fünfzig Jahren jüngeren Vater der Moderne, daher ist 2024 auch ein Schönberg-Jahr.

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Dieser Tatsache zu gedenken verdient allein schon eine besondere Beachtung. Von Schönbergs Schülern erklang 1921 in einem seiner von ihm gegründeten Wiener Privatkonzerte eine Aufführung von Bruckners „Siebenter“ und überhaupt galt Schönberg zu seiner Zeit als Bruckners großer Förderer und Auftraggeber von Kammermusikfassungen ausgewählter Orchesterwerke in Freundeskreisen.

Warum sollte das für die „Sechste“ Bruckners nicht funktionieren? Seine sinfonische Musik hat schon mehrere ähnliche Probeläufe überstanden, man erinnere an vierhändige Klaviervorträge oder Aufführungen auf zwei Klavieren. Also kein Experiment von Giesen und schon gar nicht der Griff nach der Sechsten, die 1899, verkürzt und umgeschrieben von Gustav Mahler uraufgeführt und von Bruckner als seine „keckste“ genannt wurde.

Sie reagiert dankbar auf die thematisch unabgeschlossene Bauart der Sinfonie, mehrere kleine Motive machen die Dynamik und Sprengung der Form leichter verständlich. Effekte, die Bruckner zu einer verstärkten Klangentdeckung als selbständiger Parameter der Musik nützte. Und ähnlich den Registerkombinationen bei der Orgel sein Herzinstrument vielleicht versteckt sprechen ließ.

Das junge Ensemble, Studierende an der Bruckner Uni, von Meesun Coleman mit professioneller Gestik geleitet, war ganz auf eine romantische Darstellung der Klangfarbigkeit des neuen Bruckner eingestellt. Diesem Bruckner fehlte gar nichts an bewundernswerten Leistungen.

Die Transparenz der Sätze, instrumental betonte Konfrontation ohne scharfe Töne, kurzum eine emotionale Innigkeit bei allem Eifer und Ernst der verantwortungsvollen Aufgabe. Dass das Harmonium aus der Bruckner-Partitur durch ein Elektroklavier ersetzt werden musste, sei nur eine Randbemerkung. Bruckners Sinfonie Nr. 6 A-Dur in einer verkürzten Besetzung hören zu können, sollte auch in Hinkunft möglich sein.

Von Georgina Szeless

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