Der israelische Autor und Friedensaktivist David Grossman ist am Sonntagvormittag im Rahmen der Europäischen Literaturtage in Krems mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet worden. Grossman äußerte sich pessimistisch über die Zukunft im Nahen Osten: Eine „neue, erschreckende Realität“ stehe bevor.
Zuvor hatte Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, die Notwendigkeit betont, die Hoffnung und das Bestreben nach Frieden nicht aufzugeben. Der Literaturkritiker und Kulturwissenschaftler Lothar Müller würdigte Grossman in seiner Laudatio als Brückenbauer zwischen Religion, Menschenrechten und Menschenwürde.
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Im Gespräch mit der Journalistin Rosie Goldsmith bezeichnete Grossman das Massaker vom 7. Oktober 2023 als absoluten Albtraum. Es brauche Zeit, zu verstehen, was gerade geschehe. Er sehe eine „katastrophale Situation“ für Israel und befürchte, dass das Land „keine Demokratie mehr sein“ werde. Der Antisemitismus werde sich verstärken „wie brennende Kohle im Wind“, so Grossman. Er selbst beabsichtige nicht, Israel zu verlassen, doch werde es immer „schwieriger, dieses Land zu mögen“, insbesondere weil „wir uns an die Rolle des Besatzers gewöhnt haben“.
Von Boykottmaßnahmen gegenüber Israel hält Grossman nichts: Sie träfen die Falschen, nämlich jene, die für Dialog plädieren, und würden lediglich die weitere Kommunikation erschweren. Auf die Frage, ob er sich als mutig empfinde, antwortete Grossman: Wer sich angesichts herrschender Brutalität von Verteidigungsmechanismen lossage, sei schon verloren. „Als Israeli und Jude darf ich kein Opfer sein.“
Über sein Schreiben sagt Grossman, seine Bücher stünden für Stationen seines Lebens: „Ich schreibe Bücher, wenn sie unvermeidlich sind.“ Als Schriftsteller sei man ein „Masseur von Metaphern“, das Schreiben sei oft die einzige Möglichkeit, die eigenen Gefühle zu erkennen und dem Leid beizukommen.
David Grossman, geboren 1954, ist Autor von Kinder- und Jugendbüchern, Romanen und Essays. Er wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, darunter 2010 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für sein Eintreten für den israelisch-palästinensischen Dialog und 2024 mit dem Marion-Dönhoff-Preis. Zuletzt erschien auf Deutsch „Frieden ist die einzige Option“ (2024).
Der Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln wird seit 2017 im Rahmen der Europäischen Literaturtage verliehen. Die 17. Ausgabe des Festivals kündigte dessen Leiter Walter Grond für 20. bis 23. November 2025 an.
(S E R V I C E – Europäische Literaturtage Krems, Information: europaeischeliteraturtage.at. Hauptverband des Österreichischen Buchhandels, buecher.at