Wenige Tage nach einer außergerichtlichen Einigung mit den Salzburger Festspielen hat die nunmehrige Ex-Schauspielchefin des Festivals, Marina Davydova, am Sonntag auf Facebook eine Chronik ihrer kürzlichen Entlassung publiziert. In einem Posting auf Russisch erzählte sie dabei bisher unbekannte Details. Gleichzeitig bedauerte sie, dass der Salzburger Vertrag ihr lebenslang verbiete, Informationen öffentlich zu machen, die die Reputation der Festspiele potenziell schädigen.
Blitzartige Kündigung mit Sperre des Diensttelefons
15 Minuten vor einer um 12 Uhr angesetzten Sitzung des Festspielkuratoriums sei sie am 28. November in die Direktion der Festspiele gerufen worden, und man habe ihr dort erklärt, dass sie gekündigt worden sei, erzählt Davydova. Als formaler Grund sei ihre angeblich gegen Vertragsbedingungen verstoßende Verbindung zum Berliner Festival Voices genannt worden. „Der Prozess der Kündigung verlief blitzartig: Sie sind gekündigt. Jetzt sofort!“, beschreibt sie. Auf Einwände mit Verweis auf die Sitzung des Kuratoriums und die für 3. Dezember angekündigte Programmpressekonferenz sei ihr nur noch „Sie arbeiten nicht mehr hier“ geantwortet worden.
Bereits eine halbe Stunde später sei ihr Diensttelefon gesperrt und augenblicklich seien eine Vielzahl von persönlichen Informationen sowie Kontakten, die innerhalb von zweieinhalb Jahren angesammelt worden seien, verloren gegangen. „Ich fühle mich wie in irgendeinem beängstigenden Märchen“, resümiert die im deutschen Exil lebende Theaterkuratorin aus Russland, die auf Empfehlung ihrer deutschen Anwältin zunächst keine Dokumente unterschreibt, keine Kommentare abgibt und noch am selben Tag nach Berlin, an ihren Wohnort, zurückkehrt.
Davydoda will „wahren Grund“ ihrer Kündigung aus rechtlichen Gründen nicht nennen
Ihre Anwälte hätten ihr später erklärt, dass man für Gratiskonsultationen eines mit Salzburg unvergleichbaren Theaterforums für exilierte Künstler ohne Vorwarnung eigentlich so nicht gefeuert werden könne. „Ich selbst habe von Anfang an verstanden, dass Voices nur ein Vorwand war. Aber da von einer Beschreibung der Wahrheit bis zur Diskreditierung (des Festivals, Anm.) nur ein Schritt ist, werden wir diesen wahren Grund nicht nennen“, formuliert Davydova. In einer weiteren Passage schreibt sie in Bezug auf den Kündigungsgrund kryptisch, dass sie grundsätzlich schwer zu manipulieren sei und nur das machen könne, woran sie ästhetisch sowie politisch glaube.
Am nächsten Tag, dem 29. November, habe ihre Anwältin in Berlin Kontakt mit dem Wiener Anwaltsbüro Lansky, Ganzger, Goeth + Partner aufgenommen, die ihre Aktivitäten bei Voices am Sonntag als Wohltätigkeit interpretieren. Gleichzeitig seien auf ihrem privaten Telefon Botschaften namhafter Regisseur, Schauspieler, Dramatiker und Choreografen eingelangt, die allesamt über ihre Kündigung schockiert gewesen seien. „Ich werde diese vielen Nachrichten aber nicht zitieren, um die Stimmung von (Festspielintendant, Anm.) Markus Hinterhäuser nicht zu trüben“, erläutert Davydova.
Verwunderung über Hinterhäuser und Initiative für außergerichtliche Einigung aus Salzburg
Nachdem am Morgen des 3. Dezember eine Erklärung veröffentlicht worden sei, dass sie rechtlich gegen ihre Kündigung vorgehen werde, sei sie „wie eine Exzellenz“ bei der Programmpressekonferenz am Vormittag abwesend gewesen. Viele Fragen hätten sich um sie gedreht. Verwundert habe sie an diesem Tag, dass Hinterhäuser trotz allem im Zusammenhang mit der angekündigten Lesung eines Theaterstücks von ihr selbst gesagt habe, mit Davydova dennoch alles zu klären.
Am 4. Dezember hätten die Anwälte der Festspiele ihren Anwälten geantwortet und vorgeschlagen, vor der Einbringung einer Klage bei Gericht sich an den Verhandlungstisch zu setzen, erläutert Davydova. Ihre deutsche Anwältin habe dies als Anzeichen dafür verstanden, dass sich die Gegenseite in Salzburg ihrer Sache keinesfalls zu 100 Prozent sicher sei. Schließlich hätten sich die Anwälte beider Seiten am 11. Dezember auf eine außergerichtliche Einigung verständigt, deren Details sie jedoch nicht offenlegen könne. Mit einer Aussendung der Salzburger Festspiele am 13. Dezember wurde diese Einigung auch öffentlich bekannt.