Der alte Glanz zieht wieder ein

Die über 100 Jahre alte Krippe im Mariendom wird aufwendig restauriert

Die Heilige Familie und ihr Umfeld sind die ersten Figuren, die in diesem Advent wieder in die Krippe einziehen.
Die Heilige Familie und ihr Umfeld sind die ersten Figuren, die in diesem Advent wieder in die Krippe einziehen. © Appenzeller

„Es ist, als würde man sie singen hören“, schwärmt Restauratorin Elisabeth Scheel vom Wiener Atelier Prenner & Scheel. Auf dem goldenen Strahlenkranz sind unzählige entzückende, lebendig anmutende Engel versammelt, die zu musizieren scheinen.

Doch der Schein trügt: Fehlt doch dem Dirigenten der Stab! Ob er ersetzt und damit die himmlische Kapelle zum Klingen gebracht wird, diskutieren Restauratoren, Kirchenverantwortliche und das Bundesdenkmalamt derzeit noch…

Vom Staub vieler Jahre befreit

Sonst schwebt die Gloriole, wie der Strahlenkranz auch bezeichnet wird, in der Krypta über der wunderschönen Krippe im Linzer Mariendom. Die Herren von der Dombauhütte haben extra ein Gerüst gebaut, um sie so vorsichtig wie möglich — und ohne Schaden zu nehmen — für die Restaurierung abhängen zu können. Sanft wurde sie in unzähligen Stunden Arbeit mit dem Pinsel und einer wasserlöslichen Flüssigkeit vom Staub vieler Jahre befreit.

Immerhin ist es die erste Restaurierung der Osterrieder Krippe überhaupt. Entstanden 1909 bis 1913, ist die Krypta seit rund 100 Jahren ihr angestammter Platz, an dem sie, mit zwölf mal vier Metern Grundriss und einer Höhe von fünf Metern eine der größten Krippen weltweit, die Gläubigen in der Weihnachtszeit erfreut. 1909 hat der Münchner Meister Sebastian Oberrieder die ersten Figuren, die Heilige Familie, selbst geschnitzt.

Apropos Figuren: Diesen wieder Glanz zu verleihen, nimmt rund 2000 Arbeitsstunden in Anspruch. Neben der sanften Reinigung werden fehlende Füße, Hände, Ohren etc. ergänzt. Der Rossebändiger aus der Königsgruppe etwa hat sich den Arm gebrochen, das soll jetzt professionell gekittet werden.

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Die Fassung, wie man die kostbare Ölmalerei auf den Figuren nennt, wird bei Bedarf erneuert. Auch für die Wiener Restauratorinnen ist die Arbeit nicht nur wegen des doch beträchtlichen Umfanges ein besonderer Auftrag: „Wir arbeiten hier an wunderbaren Objekten in einer außerordentlichen Qualität.“

Die Gebäudesanierung ist im Gange

„Hätten wir sie so gelassen, dann wäre die Domkrippe in fünf Jahren kaputt gewesen“, erklärt Dompfarrer Maximilian Strasser. Für ihn ist die Osterrieder Krippe auch wegen ihrer vielfältigen Darstellungen so kostbar: Er verweist auf drei Engel, von denen einer einen Kelch, der andere ein Kreuz, der dritte eine Dornenkrone hält: Darstellungen, die auf das gesamte Leben Jesu hinweisen und nicht nur die Momentaufnahme der Geburt Jesu zeigen.

Eine Rarität stellt die Korkarchitektur dar, die samt Hintergrundgemälden die Kulisse für rund 80 Figuren bildet und Bethlehem und die Geburtsgrotte zeigt. Dem Holzwurm, der darin gewütet hat, hat man schon vor fünf Jahren den Garaus gemacht. Jetzt ist die auf Holz spezialisierte Restauratorin Petra Gröger am Werk, um mit Pinsel, Staubsauger und Kitt die nötige Aufbauarbeit zu leisten, damit die Bewohner wieder einziehen können. Den richtigen Kork für notwendige Ergänzungen zu finden, stellt eine Herausforderungen dar. „Saniert“ wird streng nach der original angewendeten Technik.

Abgeschlossen sein wird die rund 250.000 Euro kostende Restaurierung erst 2021, ein Teil der Krippenfiguren — allen voran die Heilige Familie — in diesem Advent in die gewohnte Umgebung zurückkehren. Weil angesichts von Corona noch ungewiss ist, ob die Menschen die Krippe im Dom auch tatsächlich besuchen können, soll diese jetzt zu den Menschen nach Hause kommen. In Zusammenarbeit mit dem Ars Electronica Center werden die Figuren digitalisiert und die Krippe im heurigen Advent erstmals in 3D virtuell in einer Nische der Krypta erscheinen. Bilder, die zuhause via Internet abrufbar sein werden.

Von Melanie Wagenhofer