Der Teufel zieht im neuen Salzburger „Freischütz“ die Fäden

Die Zielscheibe ist das bestimmende Motiv der Inszenierung © APA/SLT/Tobias Witzgall/SLT / Tobias Witzgall

Zum Start in einen neblig-grauen November feierte am Samstagabend Carl Maria von Webers mystische Jägeroper „Der Freischütz“ in Salzburg Premiere, für die das Landestheater sich unter der Regie von Johannes Reitmeier auf die Bühne der Felsenreitschule gewagt hat. Während die Inszenierung die Bühne gut füllte, gelang dies musikalisch nicht immer.

Im Zentrum der Inszenierung stand – wortwörtlich und metaphorisch – eine schwarz-weiße Zielscheibe. Diese kreisförmige Symbolik setzte sich auch eindrucksvoll in den von Thomas Dörflers gestalteten Arkaden der Felsenreitschule fort. Wer die Scheibe betrat, stand im Fadenkreuz des Teufels Samiel, den Reitmeier omnipräsent die Fäden des Geschehens ziehen ließ.

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Ein inszenatorisch gern gewählter Kniff: Wenige Regisseure belassen es bei den kurzen Erscheinungen der Figur, wie sie ursprünglich bei Weber vorgesehen waren. So auch Reitmeier nicht, der Georg Clementi als Samiel in Lack und Leder über die Bühne schreiten ließ. Gehüllt in einen rot eingefärbten Pelzmantel strahlte dieser mit diabolischer Gestik und Mimik eine finstere Autorität aus, die faszinierte, jedoch manchmal überhandnahm.

Zwischen den gewohnten Inszenierungskniffen stachen immer wieder originelle Regieideen heraus. So etwa in der schlicht gehaltenen Wolfsschlucht-Szene, in der Max und Kaspar Freikugeln gießen wollen: Hier wurden die Kugeln nicht wie üblich gegossen, sondern nach Einnahme eines von Kaspar gebrauten Trankes von Max ausgespuckt.

Musikalisch präsentierte sich ein gemischtes Bild. Athanasia Zöhrer als Agathe beeindruckte mit einem jugendlichen, aber bereits gut gefestigten Sopran. Eine gewisse Diskrepanz zwischen ihrer stimmlichen Souveränität und der szenischen Darstellung ergab sich allerdings dadurch, dass die von ihr recht stark gesungene Agathe es in der Inszenierung so gar nicht im Kreuz haben wollte und sich letztlich sogar von ihren Brautjungfern bedrängen ließ.

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Der zweite stimmliche Stern des Abends: Andreas Mattersberger, der dem Kaspar mit seinem kernigen Bariton eine überzeugende Tiefe verlieh, indem er die Rolle nicht plakativ böse, sondern als komplex zerrissenen Charakter interpretierte. Luke Sinclair gab einen gereiften und nuancierten Max, doch offenbarte sich immer wieder ein bekanntes Problem der Felsenreitschule: Die Akustik und Dimension des Raums machten es ihm – wie den meisten seiner Fachkollegen – deutlich schwerer als den weiblichen Stimmen. Auch das weitere Ensemble musste gegen diese Herausforderung ankämpfen.

Am Pult gab Dirigent Leslie Suganandarajah mit dem Mozarteumorchester alles, um seine Sänger durch diese akustischen Untiefen zu navigieren. Diese notwendige Rücksichtnahme ging allerdings teilweise zu Lasten der folkloristischen Lebendigkeit von Webers Partitur, deren charakteristische Melodienfreude etwas in den Hintergrund geriet.

Insgesamt zeigte die Produktion, dass auf der großen Felsenreitschulbühne auch mit begrenzteren Mitteln eine überzeugende Interpretation dieses Repertoire-Klassikers möglich ist – selbst wenn sich nicht alle konzeptionellen Ambitionen vollständig einlösen ließen. Das Publikum zeigte sich letztlich aber durchwegs begeistert und spendete großen Applaus.

(Von Larissa Schütz APA)

Carl Maria von Weber: „Der Freischütz“. Musikalische Leitung: Leslie Suganandarajah, Inszenierung: Johannes Reitmeier, Bühne: Thomas Dörfler, Kostüme: Katja Schindowski. Auf der Bühne: Ottokar: Yevheniy Kapitula, Kuno: Daniele Macciantelli, Agathe: Athanasia Zöhrer, Ännchen: Nicole Lubinger, Kaspar: Andreas Mattersberger, Max: Luke Sinclair, Eremit: Martin Summer, Kilian: George Humphreys, Samiel: Georg Clementi, Brautjungfern: Tetiana Dyiu, Kay Heles, Electra Lochhead. Mozarteumorchester Salzburg, Chor des Salzburger Landestheaters. Weitere Vorstellungen: 9., 15., 24. und 28 November, salzburger-landestheater.at