Die Freiheit, die sie meinen

Shakespeares „Julius Caesar“ ab Samstag im Landestheater Linz

Die Heilsbringer. Die starken Männer. Alle träufeln sie, sprachlich bestens und auf zynische Weise geschult, dem Volk Honig in die Ohren. Reden am liebsten von „Freiheit“, die ihre Kontrahenten dem geknechteten Volk verwehren wollen. Heute? Vor 2000 Jahren!

Oder vor 400 Jahren, als William Shakespeare (verstorben 1616) die Mechanismen von Politik und Macht in seine Dramen goss, in seinen Figuren „flüssig“ und nachvollziehbar machte.

Julius Caesar kehrt nach seinen Triumphen als strahlender Held ins vom Bürgerkrieg gebeutelte Rom zurück. Wird er jetzt die Republik abschaffen? Sein Freund Marc Anton bietet dem Caesar die Krone an, doch Caesar lehnt drei Mal ab. Eine Finte, kalt berechnender Populismus, Caesar demonstriert „Demut“.

Einen Politthriller nennt Regisseur Stephan Suschke Shakespeares erstes Römerdrama „Julius Caesar“. Spannungsgeladene Musik von Joachim Werners untermalt die Verschwörung gegen Caesar, der Anschlag gelingt mit dem berühmtesten Dolchstoß der Geschichte. Doch mit dem mörderischen Ende beginnt in der Bearbeitung von Helmut Krausser von 2006 eine Farce: Die „Retter der Republik“ liebäugeln mit der Diktatur, Marc Anton entfacht mit seiner Trauerrede den Volkszorn und einen neuen Bürgerkrieg.

Die entsorgte Republik

Premiere von „Julius Caesar“ ist am Samstag im Schauspielhaus des Landestheaters Linz. Suschke inszeniert, der Schauspielchef hatte mit der Aufführung natürlich auch die Gegenwart im Blick: „Die Zeit Caesars ist eine Folie für Heutiges, alles andere wäre langweilig.“ Das Stück eine „Projektionsfläche“ für die Zuschauer, „die intelligent genug sind, ihre eigenen Erfahrungen zu machen“.

Mit der eigenen Meinung hält sich der Regisseur also zurück, aber er setzt Schwerpunkte. „Worthülsen wie in der DDR“ stoßen dem ebenda aufgewachsenen Suschke in der gegenwärtigen Politik auf, von „unverbrüchlicher Solidarität“ bis eben zur vermaledeiten „Freiheit“: „Ein immer leerer werdender Begriff, der heute nichts mehr beschreibt.“

Eine weggefegte Republik, „kein Stück über Österreich“, wie Suschke mit schrägem Humor anmerkt. Ein Stück des großen Menschenbeobachters Shakespeare über Arroganz, zu der Macht stets verleiten kann, und Grausamkeit. Der Fokus auf den Figuren, entsprechend reduziert das kalte, graue Bühnenbild von Momme Röhrbein. So bedrückend die aktuellen Bezüge, erwartet das Publikum ein Schauspieler-Fest. In den Hauptrollen Alexander Julian Meile (Caesar), Christian Taubenheim (Marc Anton), Markus Ransmayr (Octavian), Daniel Klausner (Lepidus), Klaus Müller-Beck als Cassius und Helmuth Häusler als Brutus. pia

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