Vielleicht gibt es kein eindringlicheres Filmlachen als das von Joaquin Phoenix in „Joker“, das in seiner Nähe zum Weinen die ganze Schauspielkunst des 49-Jährigen zeigt. Phoenix gewann dafür einen Oscar, und Todd Phillips‘ Drama von 2019 gilt vielen heute als Kultfilm in seiner Mischung aus Comicverfilmung, Psychodrama und Gesellschaftskritik. Nun kommt mit „Joker: Folie à Deux“ am Freitag die Fortsetzung in die Kinos – und schlägt einen ganz anderen Weg ein.
So versucht es Phillips diesmal mit einem überraschenden Format: einer Art Musical. Die zweite Hauptrolle hat Lady Gaga übernommen. Dem Filmteam gelingt so zumindest schon einmal, keinen Abklatsch von Teil 1 zu machen. Ansonsten dürfte der Film vor allem Fans von Lady Gaga und Phoenix gefallen. Denn alleine dafür, Phoenix zuzuschauen, lohnt sich der Film. Wieder spielt er den Joker – mit bürgerlichem Namen Arthur Fleck – völlig einnehmend als psychisch kranken, gesellschaftlich isolierten Mann, der in den Wahnsinn abdriftet.
Fleck sitzt nach den Morden, die er in Teil 1 begangen hat, in der forensischen Psychiatrie Arkham. Während er auf seinen Prozess wartet, lernt er seine große Liebe kennen – verkörpert von Lady Gaga, die eine Variante der Comicfigur Harley Quinn namens Lee spielt. Während Fleck mit den zwei Seiten seiner Persönlichkeit – als gewalttätiger Joker und als traumatisierter Arthur – kämpft, entdeckt er an der Seite von Lee seine musikalische Seite.
So performen Phoenix und Gaga in „Joker: Folie à Deux“ zahlreiche musikalische Einlagen, einige davon 1960er-Jahre-Big-Band-Songs. Und dabei wurde auf Wunsch des Popstars beim Dreh live gesungen, wie Phoenix bei den Filmfestspielen von Venedig unterstrich: „Ich habe entgegnet: ‚Nein, werden wir nicht! Du kannst live singen, wenn du willst. Aber ich nicht.‘ Und schließlich haben wir es doch getan.“
Musik zieht sich jedenfalls durch den Film. Die Duette zwischen Joker und Harley Quinn finden dabei nur in der Fantasie des Protagonisten statt. 60er-Jahre-Klassiker wie das gefühlvolle „What the World Needs Now Is Love“ von Burt Bacharach stehen in Kontrast zur finsteren Atmosphäre in Gotham City. „Das Ganze sollte sich anfühlen wie Musik, die Arthur vielleicht mit seiner Mutter gehört hat, als er jünger war, Musik, die sie für ihn gespielt hat“, sagte Regisseur Phillips.
Einen großen Teil des Films nimmt neben der Musik aber der Prozess gegen Fleck ein. Während seine Anwältin hofft, dass ihr Mandant wegen einer psychischen Krankheit als unschuldig eingestuft wird, fordert die Anklage die Todesstrafe. Je mehr Zeit Arthur mit der manipulativen Lee verbringt, desto mehr kommt seine Joker-Persönlichkeit wieder zum Vorschein.
Doch am Ende erfährt das Publikum in „Joker: Folie à Deux“ nicht viel Neues. Die wuchtigen Momente, die den ersten „Joker“ auszeichneten, fehlen. Der Film ist deutlich weniger spektakulär als sein Vorgänger. Was nachhallt, sind die Lieder. Und das Spiel zweier herausragender Hauptdarsteller.