„Die Spaltung der Welt“: Sechsteilige Doku-Dramaserie im ORF

Dick und rot sind die Erdbeeren, die Hedwig Höß im Garten ihrer Villa erntet. Dann frischt der Wind auf, plötzlich ist die Luft voller Aschepartikel. Asche aus den Verbrennungsöfen des benachbarten Konzentrationslagers Auschwitz. Die Frau des Lagerkommandanten schärft ihnen Kindern deshalb ein, die Beeren vor dem Essen immer abzuwaschen. Diese Szene stammt aus der sechsteiligen Dokuserie „Die Spaltung der Welt: 1939-1962“, die ab 6. November auch im ORF zu sehen ist.

Jeweils zwei Episoden werden im Rahmen von „Universum History“ am 6., 8. und 10. November in ORF 2 ausgestrahlt. Das Kennzeichen der maßgeblich von dem Leipziger „Headautor“ Jan Peter entworfenen Serie – eine Gemeinschaftsproduktion von ARTE, SWR, ORF und dem tschechischen Sender CT – ist, dass geschichtliche Epochen am Beispiel einiger weniger handelnder Personen aufgezogen werden. Im Unterschied zu anderen Dokumentationen gibt es weder einen Erzähler noch Zeitzeugeninterviews oder Expertengespräche.

Stattdessen stellen Schauspieler die exemplarischen historischen Figuren dar, sodass man eher von einer Spielfilmserie sprechen könnte, auch wenn immer wieder kolorierte Archivaufnahmen reingeschnitten und Originalzitate eingespielt oder vorgelesen werden. Dieser neue Ansatz soll den Stoff emotionalisieren und so speziell für ein junges Publikum zugänglicher machen. Diese Herangehensweise funktioniert allerdings nicht ganz überzeugend.

Das liegt zum einen daran, dass hier eine sehr komplexe Zeitspanne, eine der größten Umbruchphasen der Geschichte überhaupt, multiperspektivisch abgedeckt wird: Zweiter Weltkrieg, Entwicklung der Atombombe, Kalter Krieg, Dekolonisierung, Gründung des Staates Israels und Entstehung des Nahostkonflikts. Das ist einfach zu viel für sechs Teile von jeweils 52 Minuten, besonders dann, wenn das meiste über Spielfilmhandlung transportiert wird.

Die Folge ist, dass der Stoff nur oberflächlich behandelt werden kann. Auch wenn die Serie möglichst weit von belehrendem Schulfernsehen entfernt sein will, hat sie an einigen Stellen gerade davon etwas, so wenn in der ersten Minuten des ersten Teils gleich zweimal der Name von Wernher von Braun fällt, damit auch wirklich alle gleich mitbekommen, um wen es hier geht. Augenblicke später wird ihm gemeldet: „Werner! Die Russen – sie haben einen Pakt unterzeichnet! Mit den Nazis! Mit dem Reich! Mit uns!“ Solche Szenen wirken einfach nicht glaubwürdig – ein Erzähler wäre da geeigneter zur Vermittlung essenzieller Informationen.

Zudem stehen die einzelnen Geschichten relativ unverbunden nebeneinander, auch wenn im Begleittext betont wird, dass sich die Entscheidungen der sechs Hauptcharaktere aufeinander auswirken. Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass einige der ausgewählten Personen und Handlungsstränge schon sehr bekannt sind.

Das gilt insbesondere für das Ehepaar Höß in seiner Auschwitz-Villa mit angrenzendem Garten. Dieses Motiv wurde erst kürzlich von dem britischen Filmregisseur Jonathan Glazer in seinem oscarprämierten Meisterwerk „The Zone of Interest“ auf ebenso künstlerisch innovative wie erschütternde Weise auf die Leinwand gebracht. Auch die Geschichte von Wernher von Braun ist schon oft erzählt worden.

Dennoch ist die Serie sehenswert, weil sie durchaus einen Spannungsbogen aufzubauen versteht und mit wenig bekannten Fakten überrascht – welchem Zuschauer dürfte zum Beispiel geläufig sein, dass die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir eigentlich Ukrainerin war, gebürtig aus Kiew? Oder dass die Nazis Weihnachtskekse in Hakenkreuzform knabberten? Auch dieses kleine Detail haben die Filmemacher nicht erfunden, sondern gut recherchiert: Die Ausstecher waren vor Jahren im NS-Dokumentationszentrum in Köln ausgestellt.

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