Ein wahrlich spektakuläres „Ring-Konzentrat“ in Graz

Nach den Opern-Hits Fidelio, Tosca und Carmen hat Marcus Merkel, die Seele des nun schon alljährlichen Oper-Sommerspektakels auf der Grazer Kasemattenbühne, für den August 2024 das Besondere noch einmal getoppt: Heuer steht Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ auf dem Programm, und zwar in einer Kurzfassung.

Der genaue Titel lautet „Der Ring – an einem Abend – (fast) ohne Worte“. Er spielt damit an bekannte Vorgänger an: Lorin Maazel brachte als erster einen „Ring ohne Worte“ aufs Tapet der CD- Industrie , und Vicco von Bülow alias „Loriot“ hatte überaus erfolgreich einen stark gekürzten „Ring“ mit Original-Musik samt karikierendem Begleit-Text erzählt und auf CD gebannt. Schließlich mag Merkel auch noch an das bekannte 3-Stunden-Stück „Sämtliche Werke Shakespeares an einem Abend“ gedacht haben.

Wie auch immer: Herausgekommen ist eine sorgfältig durchdachte Mixtur des „Rings“, die musikalisch äußerst aufwendig sowohl berühmte Orchestermusik aus den vier Opern „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ sowie jedenfalls deren prägende Schluss-Szenen präsentiert. Dazu kommen zwei Schlüsselszenen aus der Walküre (Siegmund und Sieglinde; Abschied Wotans).

Das Festival-Orchester, gebildet aus Mitgliedern der Grazer Philharmoniker und einigen Gästen, vollbringt unter der Leitung Merkels eine Super-Leistung und meistert das heikle Wagner-Konzentrat teils exzessiv, jedenfalls aber bewundernswert. Bedeutende Gesangsakrobaten wie Elena Pankratova (Brünnhilde), Gabriele Scherer (Sieglinde) und Michael Volle (Wotan) bringen übernationales Flair und die erwartete Qualität ein; und der weltweit engagierte Tenor Klaus Florian Vogt zeichnet sich gleich in drei Rollen (Loge, Siegmund und Siegfried) aus.

Die szenische Einrichtung (Elisabeth Thym), Ausstattung (Isabel Toccafondi) und die überwältigende Lichtgestaltung (Sebastian Alphons) suggerieren im Zusammenwirken ein an- und aufregendes Bühnenerlebnis, obwohl eigentlich nur „halbszenisch“ agiert wird.

Einzig das mit Inhaltsangaben der einzelnen Ring-Teile aufwartende Programmheft lässt das Publikum ein bisschen Detektiv spielen, weil der szenische und musikalische Ablauf dieses speziellen „Rings“ nicht eindeutig beschrieben wird. In Summe jedoch wird Wagner-Freunden und solchen, die es werden sollen, ein faszinierendes Eintauchen in die Welt des einmaligen Riesenwerks Richard Wagners ermöglicht.

Termine: Premiere am 18. August (Live-Übertragung in ORF III), 2. Vorstellung am 20. August

Von Paul Stepanek      

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