Bogdan Roscic hat in seiner ersten Spielzeit als Direktor der Wiener Staatsoper zwar viele Premieren angesetzt, aber neu sind sie nur für Wien. Eingekauft wurden alte Produktionen wie jene „Entführung aus dem Serail“, die Hans Neuenfels, einst als Skandal-Regisseur bekannt, 1998 in Stuttgart erarbeitet hat.
Die Inszenierung ist für ihre „Verdoppelung“ der Hauptpersonen berühmt geworden. Die Sänger bekommen Schauspieler als „anderes Ich“ zur Seite, die den Prosa-Text großteils bestreiten. In Wien war ein Teil des Publikums von dem Konzept nicht zu überzeugen: Nach dem Ende setzte ein wahres Buh-Konzert ein, das beim Erscheinen des Regisseurs heftig aufflammte.
Tatsächlich wollte sich Neuenfels mit Mozarts Singspiel wohl vor allem einen Jux machen — die Optik ist bunt, die Ingredienzien (Slapstick, Commedia dell’arte, blödelndes Aus-der-Rolle-fallen, haarsträubende Einfälle) sind alle parodistisch aufgeladen, ernst darf man hier nichts nehmen.
Dass die schöne Innigkeit der tragischen Szenen und die gewissermaßen natürliche Komik des Buffo-Paares in Künstlichkeit ertrinkt, ist der Nebeneffekt. Ein berühmter Regisseur muss schließlich immer etwas bieten, woran sich das Publikum stoßen kann.
Es war der musikalische Teil, der einige wunderbare Eindrücke brachte, vor allem das Dirigat des Italieners Antonello Manacorda war in seiner Transparenz, seiner Leichtigkeit hier, der Dramatik da und dem steten Mitatmen mit Musik und Sängern ein Erlebnis. Und erst recht die Konstanze der Lisette Oropesa, die man bisher nur aus den Übertragungen der Met kannte und die ein strahlendes Debüt ablieferte, eine wunderbare, dunkel timbrierte Stimme mit einer Koloratur-Attacke, die sprachlos machte.
Schönsten Mozart-Gesang (wenn er nicht in die Tiefe musste) lieferte ihr Belmonte Daniel Behle, als Buffo-Paar agierten Regula Mühlemann und Michael Laurenz. Man hätte die verdoppelnden Schauspieler nicht gebraucht. Dass Neuenfels Mozart so „aufputzte“, zeigte ja nur sein mangelndes Vertrauen in das Werk. So, wie die Aufführung hier auf der Bühne steht, könnte man sie ins Kinderopern-Repertoire abschieben.