„Filme für die Ohren“: US-Multitalent Tom Waits wird 75

Zuhören erwünscht, aber viel Kontakt zu Menschen braucht er nicht © APA/dpa (Archiv)/Soeren Stache

In die Öffentlichkeit gedrängt hat sich Tom Waits noch nie, aber in den vergangenen Jahren hat sich der US-Musiker sogar für seine Verhältnisse außergewöhnlich rar gemacht. 2011 erschien sein bisher letztes Album „Bad As Me“, 2021 spielte er eine Nebenrolle in dem Film „Licorice Pizza“. Auch Konzerte oder Interviews hat Waits, der am Samstag (7. Dezember) 75 Jahre alt wird, schon seit längerem nicht mehr gegeben.

„Das Merkwürdige am Leben ist, dass man die Hälfte seiner Zeit damit verbringt, die Menschen dazu zu bekommen, einem zuzuhören – und den Rest der Zeit versucht, sie dazu zu bekommen, einen verdammt noch mal in Ruhe zu lassen“, sagte Waits vor einigen Jahren einmal dem „Guardian“. Der Sänger mit der melancholisch-kratzigen Raspelstimme, der immer irgendwo zwischen Folk, Rock, Blues und Jazz, zwischen Balladen und Krach landet, sei „einmalig – eine ganz eigene Persönlichkeit“, sagt der US-Regisseur Robert Altman, in dessen Film „Short Cuts“ der Musiker 1993 einen Säufer spielte. „Er ist ein schräger Vogel, aber auf eine gute Art.“

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Sänger, Pianist, Schauspieler und Komponist

Waits ist ein Multitalent: Sänger, Pianist, Hit-Schreiber für andere Musiker, Schauspieler, Film- und Theater-Komponist. Seine Stimme klinge „verschwörerisch, verschwendet und verwundet, als sei sie für die frühen Morgenstunden gemacht“, schrieb der „Guardian“.

Geboren wurde er 1949 in der Nähe von Los Angeles als Sohn einer Lehrerin und eines alkoholkranken Vaters, der die Familie bald verließ. Waits schlägt sich schon als Jugendlicher unter anderem als Pizzabäcker durch. „Wahrscheinlich weil ich wusste, dass ich mein eigener Vater sein musste. Es gab das Bedürfnis nach Reife und Anleitung von irgendwoher und das musste ich mir selbst geben – auch wenn das bedeutete, einen Mantel und einen Hut anzuziehen, in den Spiegel zu schauen und die Augen ein wenig zuzukneifen. Für ein Kind aus einem zerbrochenen Haushalt ist das ziemlich normal.“

Mit „Closing Time“ als Debüt zur Weltkarriere

In Bars schnappte Waits Dialogfetzen für Lieder auf, die musikalisch von Kurt Weill, Ray Charles oder Frank Sinatra geprägt waren, aber bald immer weiter in Richtung Folk-Blues-Avantgarde ausgriffen. 1973 legte der Musiker dann mit seinem Debüt „Closing Time“ die Grundlage für seine Karriere. Später kamen mit Lärm und Dissonanzen spielende Alben wie „Swordfishtrombones“ oder „Rain Dogs“.

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Zudem startete der Avantgardist eine zweite Laufbahn als Filmkomponist mit Arbeiten für Francis Ford Coppola und Jim Jarmusch. Ohnehin habe er schon früh „gedacht, dass ich Filme für die Ohren mache“, sagt Waits, der auch mit kleineren und größeren Rollen in „Down By Law“, „König der Fischer“, „Bram Stoker’s Dracula“ oder „The Dead Don’t Die“ als Schauspieler Erfolge feierte. Mit dem Theaterregisseur Robert Wilson entwickelte der vielfach ausgezeichnete Waits zudem Bühnenstücke.

Seit 1980 ist Waits mit Kathleen Brennan verheiratet, die nach eigener Aussage sein „Leben gerettet“ hat. Das Paar hat drei Kinder und arbeitet auch stets gemeinsam, beispielsweise beim Songschreiben. „Sie wäscht, ich trockne“, so Waits. „Als ich jünger war, wollte ich älter sein. Jetzt, wo ich älter bin, bin ich mir da nicht mehr so sicher“, sagte Waits einmal. „Ich bin eine Art Typ, der sagt, ich sehe aus wie die Hölle, aber ich werde sehen, wo es mich hinführt.“