Hermann Czech erhielt Staatspreis und machte Heiratsantrag

Hermann Czech mit der Staatspreis-Urkunde © APA/MAX SLOVENCIK

Der Wiener Architekt Hermann Czech ist am Montagabend in Würdigung seines Gesamtwerks mit dem Großen Österreichischen Staatspreis 2024 ausgezeichnet worden. Der 88-Jährige nutzte seine Dankesrede, um seine langjährige Lebensgefährtin, die Psychotherapeutin Sabine Götz, zu überraschen: „Vielleicht darf ich diese Auszeichnung zum Anlass nehmen, ich weiß nicht, ob das in diesem Rahmen üblich ist, Sabine Götz einen Heiratsantrag zu machen.“ Dafür erntete er den größten Applaus.

Diese höchste Auszeichnung der Republik für ein künstlerisch herausragendes Lebenswerk ist mit 30.000 Euro dotiert und wird auf Vorschlag des Österreichischen Kunstsenats vergeben. „Ich habe diese Auszeichnung nicht erwartet – das heißt aber nicht, dass ich sie für einen Irrtum halte“, bedankte sich Czech bei der Feier im Semper-Depot. „Für einen Irrtum halte ich dagegen, dass Johannes Spalt, Johann Georg Gsteu und Friedrich Kurrent den Staatspreis nicht erhalten haben.“ Diese Architekten seien ihm „in der mittelbaren Nachfolge von Adolf Loos vorangegangen“, spielte er auf die Begründung der Zuerkennung durch den Österreichischen Kunstsenat an, die Kunstsenatspräsident Josef Winkler auszugsweise vorlas. „Czech steht mit seinen Arbeiten in mittelbarer Nachfolge von Adolf Loos. In vergleichbarer Weise gelingt ihm die subtile Verbindung von historisch Vorhandenem mit dem, was zeitgemäß gebraucht wird“, heißt es darin. Er habe schon früher als sein Umfeld den Ton zur Erneuerung der europäischen Metropolen gefunden.

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Kogler: Er war seiner Zeit voraus

Mit seinen Überlegungen zur Nachhaltigkeit des Bauens sei der „engagierte Vordenker der Architektur“ seiner Zeit voraus gewesen, betonte auch Kulturminister Werner Kogler (Grüne), der die Urkunden-Überreichung vornahm. Er erinnerte daran, dass er 2023 bei der Eröffnung des von Czech gemeinsam mit dem Architekturkollektiv AKT gestalteten Österreich-Pavillons der Architekturbiennale Venedig von den zugrunde liegenden Überlegungen der Einbeziehung des Umfelds beeindruckt gewesen sei und wies darauf hin, dass die neue Koordinationsstelle für Baukultur, die ihre Arbeit aufgenommen habe, in vieler Hinsicht auf Vorarbeiten von Czech aufbaue.

Czech könne keiner wie immer gearteten Strömung zugeordnet werden, „er stellt eine Marke eigener Prägung dar“, sagte Bettina Götz von ARTEC Architekten, die ihre Laudatio gemeinsam mit ihrem Mann Richard Manahl verfasst hatte und nun wohl Czechs Schwägerin wird. „Er ist unerbittlich auf der Suche nach dem bestmöglichen Ergebnis“, würdigte sie seine fortgesetzte Auseinandersetzung. „Czechs Bewertung der architektonischen Qualität ist zeitlos.“ Seine Devise „Alles ist Umbau!“ habe eine neue Richtung in der architektonischen Debatte begründet. „Die Fundamente seiner Gedankengebäude gründen auf (Adolf) Loos und (Josef) Frank“, sagte Götz und empfahl, den neuen Staatspreisträger mit der Bauaufgabe einer österreichischen Architektursammlung zu betrauen.

„Architektur wird überschätzt“

Hermann Czech wurde am 10. November 1936 in Wien geboren, absolvierte sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Wien und später an der Akademie der bildenden Künste bei Ernst A. Plischke. Auch Konrad Wachsmann war ein wichtiger Lehrer für Czech, der sich bald als Assistent von Hans Hollein und Johannes Spalt betätigen sollte. „Architektur wird überschätzt“, hatte Czech 1971 seinen in den „protokollen“ veröffentlichten polemischen Text „Nur keine Panik“ begonnen, in dem er sich gegen eine auf Effekt und Aufmerksamkeit zielende Architekturhaltung wandte, die eigentlich „Öffentlichkeitsarbeit“ sei: „Architektur ist Hintergrund“, so sein einst festgehaltenes Verständnis von seiner Arbeit, die etwa bei Einzelausstellungen in London, Basel und Innsbruck zu sehen war und heuer in der Ausstellung „Hermann Czech: Ungefähre Hauptrichtung“ im fjk3-Raum für zeitgenössische Kunst am Wiener Franz-Josefs-Kai zu sehen war. Vor 2023 war Czech schon 1980, 1991 und 2000 in Venedig vertreten.

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Bekannt wurde Czech auch durch eine Vielzahl von Gastroarchitekturen wie das „Kleine Cafe“ (1970 und 1974), die „Wunder-Bar“ (1976), das „Salzamt“ (1983), das mittlerweile umgestaltete MAK-Cafe (1993), das „Theatercafe“ (1998 und 2010) oder das Weinhaus PUNKT im Südtiroler Kaltern (2005). 2020 verantwortete Czech die Neugestaltung des Sigmund Freud Museums mit. Aber auch an weiteren Orten in der österreichischen Bundeshauptstadt ist seine architektonische Handschrift zu finden: Er gestaltete etwa die Blockbebauung an der Wendeanlage der U3 in Wien-Ottakring (1997), eine Fußgängerbrücke im Wiener Stadtpark, die Rosa Jochmann-Schule in Wien-Simmering (1994), das Hotel Messe Wien (2005) sowie ein Wohnbau in der Mustersiedlung internationaler Architekten in Wien-Hadersdorf (2007).