Ist die Frau mit Sonnenhut, grüner Strickjacke und buntem Sommerkleid eine Therapeutin oder bloß eine Freundin? Nein, sie ist eine Französischlehrerin mit ungewöhnlichen Methoden – oder versucht sich zumindest darin. Bis man das weiß, ist schon einige Zeit in Hong Sangsoos neuestem Film „Die Bedürfnisse einer Reisenden“ den Bach hinunter geflossen. Und es plätschert in der Erzählung des südkoreanischen Regiemeisters noch länger dahin. Ab Freitag im Kino.
Sangsoo hat für „Die Bedürfnisse einer Reisenden“ niemand Geringeren als Isabelle Huppert gewonnen. Die französische Starschauspielerin überzeugt über die volle Länge des bei der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichneten Films, wobei bis zum Schluss nicht klar ist, wen sie da eigentlich verkörpert.
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So viel steht fest: Es ist eine durch und durch rätselhafte Frau, die, offenbar aus Frankreich kommend, seit wenigen Monaten Südkorea als neue Bleibe für sich erkoren hat. Dort spielt sie in einem Park grauenhaft Flöte und hat sogleich die Aufmerksamkeit eines jungen Dichters auf sich gezogen, der sie fortan gratis bei sich daheim wohnen lässt. Wer genau sie ist, weiß der junge Mann offenbar auch nicht so recht – sehr zum Missfallen seiner Mutter, die nicht nur aufgrund des Altersunterschieds erstaunt ist.
Seit Neuestem will die mysteriöse Französin mit ihrer Muttersprache Geld verdienen und gibt Unterricht. Dabei setzt sie zur Verwunderung ihrer Klientinnen nicht auf Lehrbücher. Viel lieber erkundet sie die wahren Gefühle der Frauen, wenn sie etwa Musikinstrumente spielen oder sich ihr Ehemann ungewöhnlich verhält. Der Unterricht nimmt Züge einer Psychotherapiesitzung an und gibt Gelegenheit für manchen Schmunzler.
Überhaupt ist „Die Bedürfnisse einer Reisenden“ ein Film mit viel Augenzwinkern, was besonders an der Französin liegt, die offenbar gerne auf Böden liegt und das alkoholische Getränk Makgeolli für sich entdeckt hat. Huppert darf ihre Slapstick-Künste auspacken, was Fans der Schauspielerin nicht verpassen sollten. Auch Anhänger des Regisseurs kommen auf ihre Kosten, wenngleich die so Sangsoo-typischen Gespräche und wie zufällig aneinandergereihten Begegnungen dieses Mal nur selten die sanfte Magie einiger seiner besten Filme entfalten.