„Ich würde ausführlich mit Andi Gabalier sprechen“

Conchita Wurst bekommt im ZDF eine eigene Musikshow und sinniert über Kandidaten

Tom Neuwirth alias Conchita Wurst
Tom Neuwirth alias Conchita Wurst © APA/dpa/Fabian Sommer

2011 hat der gebürtige Gmundner Tom Neuwirth (33) als Conchita Wurst für Österreich den Song Contest gewonnen. Seither hat sich der Sänger erfolgreich (nicht nur) musikalisch selbst verwirklicht. Am 2. September startet nun seine eigene Musikshow „Music Impossible“ im ZDF. Neuwirth über Rollenbilder, Karaoke und Andreas Gabalier.

VOLKSBLATT: 2017 haben Sie gemeint, dass Sie Ihre Kunstfigur Conchita Wurst irgendwann einmal „sterben“ lassen wollen. Haben Sie diesbezüglich Ihre Meinung geändert?

TOM NEUWIRTH: Ja, am laufenden Band. Damals habe irgendwann gemerkt, dass ich als Kunstfigur in einer Schublade stecke. Aber man ist ja viel mehr als dieses eine, als das man in der Öffentlichkeit steht. Das hat mir nicht getaugt. Und dann habe ich mir tatsächlich den Schädel rasiert und eine komplett neue Musikrichtung eingeschlagen, mich Wurst genannt. Und so bin ich einmal um den Block gelaufen. Jetzt weiß ich: Ich kann alles sein, was ich will.

Anfang September startet das neue ZDF-Format „Music Impossible“, das Sie moderieren. Was ist die Idee dahinter?

Der Untertitel lautet „Mein Song. Dein Sound“. Es dreht sich darum, dass bekannte Künstler aufeinandertreffen, die aus weit entfernten Genres kommen. Und dann wird der Sound getauscht: Die suchen sich ein Lied aus ihrem Repertoire aus und modeln das in den Sound der anderen Person um. Das braucht extrem viel Kreativität, Zeit und den Willen zu sagen: Ok, ich probiere einmal etwas komplett Neues. Ich darf das begleiten, die Künstler besuchen und nachfragen, wie es ihnen geht.

Wie schwierig war es, Kandidaten zu finden? Immerhin kann man sich ja ganz schön blamieren …

Ja, also, ich glaube, die Fallhöhe ist relativ überschaubar, wir wollen ja niemanden vorführen. Und es geht auch darum, Menschen kennenzulernen, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Wir haben großartige Leute gefunden. Und wenn ich dann in der ersten Folge mit Marianne Rosenberg, der Queen of Schlager, am Tisch sitze, dann denke ich mir: Was ist eigentlich los? So geil!

Ist es Zufall, dass gleich eine Schwulenikone im Zentrum steht?

Ich bin in Bad Mitterndorf aufgewachsen, in einem Gasthaus, da spielst du natürlich auch Marianne Rosenberg rauf und runter. Ihre Musik habe ich schon ewig gekannt, aber ihr Naheverhältnis zur queer-Community, das war mir nicht so bewusst — vielleicht, weil ich eine andere Generation bin.

Marianne Rosenberg vermutet „etwas ganz Krasses“. Was ist ihre Aufgabe?

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Ihre Aufgabe war es, mit Eko Fresh das Genre zu tauschen, also auf Pop, Hip-Hop und Rap zu machen. Ich finde, sie hat das ziemlich gescheit gelöst. Das ist das Coole an der Sendung, dass man nicht weiß, wie die jeweilige Person dann das Genre interpretiert. Eko Fresh war übrigens auch ein Wahnsinn.

Sie führen die Teilnehmer mit Karaoke an ihre Aufgabe heran. Sind Sie selbst ein Fan davon?

(Schreit auf) Ich liebe Karaoke, das taugt mir voll. Und ich bin entsetzt, dass Eko keinen Karaokesong hatte. Haben Sie einen Karaokesong?

Vielleicht was von Abba …

Abba ist ziemlich oben auf der Liste der Karokesongs. „Dancing Queen“ funktioniert immer. Die Nummer ist wasserdicht. Ich singe so gern und immer so laut, dass meine Freunde dann sagen: „Ja, jetzt wissen wir eh, wie du singst. Aber bitte nicht so nah an meinem Ohr!“ Und bei einer Karaoke-Maschine habe ich die Ausrede: Das ist doch die Maschine!

Wo sehen Sie sich musikalisch gerade?

Ich bringe gerade alle sechs Wochen einen neuen Song heraus. Keiner gleicht dem anderem. Die nächste Nummer heißt „Erstmal Pause“ und ist eine meiner wenigen deutschen Nummern. Ich bin gerade bei mir daham quasi und mache nur das, was mir Spaß macht, was ich spüre.

Könnten Sie sich vorstellen, in „Music Impossible“ neben Andreas Gabalier anzutreten?

Prinzipiell gibt es da keine Bedenken oder Vorbehalte. Ich glaube nur, dass ich mit dem Andi vorher oder im Anschluss einmal ein längeres Gespräch führen würde, um zu schauen, wie er drauf ist.

Wird´s auch österreichische Teilnehmer geben?

Ich hoffe. Bei uns geht´s musikalisch so ab, das ist wirklich ein Wahnsinn. Und alle kommen aus Oberösterreich.

Sie wirken immer gut gelaunt und positiv gestimmt. Wie schaffen Sie das, gerade auch in diesen schweren Zeiten?

Ich versuche, mit dem, was mir zu Verfügung steht, mit meiner Art, mit meiner Plattform Happyness zu verbreiten, so gut das möglich ist. Ich will Leute zum Spenden animieren, nehme an Charity-Events teil und ich bin einfach liab zu den Leuten. Ich möchte, dass alle ein bisschen lieber miteinander umgehen. Ich habe so ein schönes Leben, bin wirklich von der Sonne geküsst, und darum denke ich mir: Meine Pflicht ist es, das, was ich habe, auch in jeder Konversation weiterzutragen. Ich versuche einfach, das zu tun, was ich am besten kann.

Am Salzburger Landestheater wurde in die aktuelle Aufführung von „Kasimir und Karoline“ eine bärtige Frau — offenbar in Anlehnung an Conchita Wurst — eingebunden. Eine große Verantwortung, die man Ihnen da auch als Symbolfigur auflastet?

Boah, ich empfinde das als große Ehre, und ich habe die bärtige Frau ja auch nicht erfunden. Es freut mich total, wenn diese Figur mit etwas Positivem verbunden wird und vielleicht auch, dass man, ohne etwas zu sagen, für etwas steht: für eine Gesellschaft, die zusammenhalten soll und Respekt und Anerkennung jeglicher Lebensform gegenüber. Als Conchita habe ich lange geglaubt, ich muss perfekt sein und abliefern, aber perfekt sind wir alle nicht und deswegen sehe ich diese Verantwortung nicht. Diese Symbolik steht eh für sich und davon abgekoppelt gibt´s halt dann noch den Menschen.

Welche Beziehung haben Sie heute zu Oberösterreich?

Ein Großteil meiner Familie lebt noch in Oberösterreich, ich selbst bin mit meinen Eltern ja dann nach Bad Mitterndorf gezogen. In Gmunden bin ich oft, weil meine Mum und ich die Omschi besuchen gehen.

Können Sie mit dem Begriff Heimat etwas anfangen?

Ja, sicher. Je älter man wird, desto mehr denkt man sich, es ist so schön daham, mitten in den Bergen, es ist wirklich ein Privileg, dort zu leben. Ich bin als Teenager ausgezogen, weil mir alles zu klein war, aber jetzt schätze ich auch, dass mich dort alle kennen, man eine engere Gemeinschaft ist und aufeinander schaut. Natürlich ist die Anonymität in der Stadt auch extrem geil, aber es hat auch das andere was und das habe ich über die Zeit verstanden.

Sie gehören einem Komitee namhafter Unterstützer für die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 an.

Wir arbeiten auf Hochtouren, weil mit der Frau Elisabeth Schweeger — quasi unser aller Chefin für die Kulturhauptstadt — gibt es natürlich einen extrem hohen Anspruch. Ich plane auf jeden Fall immer wieder etwas, das ich noch nie vorher gemacht habe, deswegen bin ich froh, dass es 2024 passiert.

Interview: Melanie Wagenhofer