Mit zwei Konzerten im Marmorsaal des Stiftes Sankt Florian sind am Wochenende (27. und 28. Juli) die Oberösterreichischen Stiftskonzerte 2024 zu Ende gegangen. Sowohl am Samstagabend als auch bei der Matinee am Sonntag gab es Kompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts von italienischen Barockspezialisten.
Obwohl auf höchstem musikalischen Niveau, unterschieden sie sich gravierend. „Sieger“ dieses ungeplanten Wettstreits war Countertenor Jakub Jozef Orlinski mit Il Pomo d’Oro.
Am Freitag (26. Juli war der polnische Coutnertenor Orlinski noch in Paris als solistischer Breakdancer bei der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele im Einsatz. Knapp 20 Stunden später stand der weltweit gefragte Sänger auf dem Podium im Marmorsaal des Stiftes Sankt Florian.
Mit Arien und Instrumentalmusik von Monteverdi, Frescobaldi, Cavalli, Moratelli und weiteren Landsleuten am Programm, dem sich Orlinski und die großartigen Instrumentalisten mit Intensität und unglaublicher Leichtigkeit widmeten.
Kein Zwischenapplaus unterbrach die Arien, weithin von Trauer, Verzweiflung, Sehnsucht, aber auch Hoffnung und Liebe handelnd. Orlinski – im schwarzen bodenlangen Umhang – versteht es auch mit seiner Darstellungskunst und mit raumfüllend strahlendem Wohlklang seiner Stimme die Seelenzustände darzustellen.
Er geht barfuß durch den Saal, genießt die Orchester-Zwischenspiele liegend mit Blick in den Himmel (des Deckengemäldes von Altomonte), bewegt sich tänzerisch bis zu einem Rad-Schlag und schlüpft schließlich in die Figur einer alten gebeugten Frau.
Zu seinen sängerischen Qualitäten kamen auch seine intensive Augen- und Hand-Arbeit, die die nicht übersetzten italienischen Texte vergessen ließen. Orkanartiger Beifall des ausverkauften Marmorsaales und drei schließlich doch heitere Draufgaben.
Solist des Konzerts am Sonntag mit dem Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon war der aus Oberösterreich stammende Michael Oman. Er gastiert international als Blockflöten-Solist, lehrt an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz und ist den Stiftskonzerten seit Jahrzehnten eng verbunden.
Er begeisterte das Publikum mit unglaublicher Virtuosität. Wohl jede und jeder im Saal fragte sich bei Vivaldis Konzert für Flautino RV 444, woher der Künstler die Luft für sein extrem flinkes Spiel nimmt.
Geradezu familiär wurde es, als Oman schlussendlich seinen anwesenden einstigen Lehrer am Linzer Brucknerkonservatorium, Johannes Mastnak, und den Erbauer der beiden zum Einsatz gekommenen Cembali, den Oberösterreicher Winfried Hackl, würdigte.
Die Oberösterreichischen Stiftskonzerte erzielten in ihrer zu Ende gegangenen 51. Saison mit rund 7.000 Besuchern eine Gesamtauslastung von 91 Prozent. Neun, der 19 Stiftskonzerte in den barocken Prunkräumen und prächtigen Kirchen von Sankt Florian, Kremsmünster, Lambach, Wilhering und Schlierbach waren ausverkauft. Auch neue Aufführungsorte für andere musikalische Stilrichtungen wurden vom Publikum angenommen.
Im Bruckner-Jahr 2024 bescherte Herbert Blomstedt den OÖ. Stiftskonzerten einen besonderen Höhepunkt mit der Aufführung von Anton Bruckners 9. Sinfonie durch die Bamberger Sinfoniker. Es war der Wunsch des Doyens der internationalen Dirigenten an seinem 97. Geburtstag dieses Werk in der Stiftsbasilika von Sankt Florian aufzuführen.