Nestroy-Preise für Mundruczó, Edtmeier und von Stolzmann

Mundruczó überzeugte mit „Parallax“ bei den Wiener Festwochen © APA/GEORG HOCHMUTH

Der ungarische Regisseur Kornél Mundruczó ist für die Festwochen-Koproduktion „Parallax“ bei der 25. Nestroy-Gala am Sonntagabend im Volkstheater für die beste Regie ausgezeichnet worden. Claudius von Stolzmann vom Theater in der Josefstadt („Der Himbeerpflücker“) gewann in der Kategorie „Bester Schauspieler“, Julia Edtmeier überzeugte in „Amadeus“ als „Beste Schauspielerin“. Zur besten Bundesländer-Aufführung kürte die Jury „Von einem Frauenzimmer“ am Schauspielhaus Graz.

Die von ORF III zeitversetzt übertragene Gala wurde von Nadja Bernhard und Peter Fässlacher moderiert. Der Auftakt der Gala stand mit einem kurzen filmischen Rückblick ganz im Zeichen des 25-Jahr-Jubiläums des Nestroy-Preises. Ein erstes politisches Statement gab der ausgezeichnete Mundruczó ab, der bei seiner Dankesrede daran erinnerte, dass er in Ungarn aufgrund der politischen Verhältnisse nicht inszenieren könne. „Danke an die Wiener Festwochen, dass wir diese Arbeit hier zeigen zu konnten!“ Mit dem Lebenswerk-Preis wurde Felix Mitterer ausgezeichnet. Laudator Hakon Hirzenberger bezeichnete das Werk des 76-Jährigen als „nie gefällig“, Mitterer halte dem Publikum „immer mit Humor den Spiegel“ vor.

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Unter fedrigem Haar und mit Zahnprothese begeisterte Claudius von Stolzmann in den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt als Zagl in „Der Himbeerpflücker“ von Fritz Hochwälder. Er setzte sich in der Kategorie „Bester Schauspieler“ u.a. gegen das Duo Roland Koch und Michael Maertens („Der einsame Westen“) oder Maximilian Thienen („Der Verein“) durch und fragte bei seiner Dankesrede: „Seid ihr euch sicher?“ Große Freude herrschte schließlich bei der Bekanntgabe der Gewinnerin in der Kategorie „Beste Schauspielerin“, in der Julia Edtmeier für ihre Mozart-Verkörperung in „Amadeus“ geehrt wurde, einer Koproduktion des Bronski & Grünberg mit dem Volkstheater in den Bezirken. Edtmeier bedankte sich für die „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ mit dem Volkstheater und dem Bronski-Team für die jahrelange Zusammenarbeit.

In seiner Doppelrolle als Jedermanns guter Gesell und Teufel überzeugte Christoph Luser bei den Salzburger Festspielen die Jury, er erhielt den Preis für die beste Darstellung einer Nebenrolle. In seiner Dankesrede nahm er Bezug auf das Slowakische Nationaltheater und Regisseur Dušan David Pařízek: „Dort erleben sie, was es bedeutet, wenn Theater Zensur erlebt und sie Angst um ihren Job haben müssen“, so Luser. „Gott sei Dank haben wir das Privileg und dürfen hier auftreten und sagen, was wir wollen.“ Auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zeigte sich bei der Präsentation der besten Off-Theater-Produktion solidarisch und zog sich – analog zu den Protesten in der Slowakei – einen Bademantel als Symbol über.

Die Nachwuchspreise gingen an die Schauspielerin Irem Gökçen in „Diener zweier Herren“ (Volkstheater), die ihren in Istanbul lebenden Eltern einen Gruß auf Türkisch schickte, und die Autor:in Leonie Lorena Wyss für ihr im Burgtheater-Vestibül uraufgeführtes Stück „Muttertier“. Die Autor:in warnte in ihrer Rede vor möglichen Kürzungen und Einsparungen in der Kultur, dies sei „besonders gefährlich“. Lucia Bihlers Kafka-Inszenierung „Die Verwandlung“ konnte sich in der Kategorie Ausstattung durchsetzen, geehrt wurden Victoria Behr (Kostüme) und Pia Maria Mackert (Bühne).

Der Publikumspreis ging im Anschluss an Tom Neuwirth für seine Rolle in „Luziwuzi“ im Rabenhof Theater. „Wir spielen mit Liebe und Leidenschaft und das spürt das Publikum auch“, so Neuwirth, der als Conchita bekannt wurde. Die ehemalige Intendantin des Schauspielhauses Graz und des Volkstheaters Wien, Anna Badora, überreichte schließlich den Preis für die beste Bundesländer-Aufführung an Anne Lenk, die die Jury mit ihrer Inszenierung „Von einem Frauenzimmer“ von Christiane Karoline Schlegel am Schauspielhaus Graz überzeugte. Die verhinderte Regisseurin ließ ihre Dankesrede von ihrem Team verlesen und erinnerte – in Anlehnung an den Frauenmord im Stück – an die anhaltend hohe Zahl von Femiziden in Deutschland und Österreich.

Der Spezialpreis ging an „Oskar Werner – Kompromisslos in die Wiedergeburt“ von Bernhard Dechant und Sophie Resch im Spitzer im Odeon. In seinem Solo zeichnet der Schauspieler – begleitet vom Musiker Stefan Sterzinger – den tiefen Fall des internationalen Stars nach, der am Ende mit schwerer Zunge durch die Provinz tingelte, und verarbeitet damit auch seinen eigenen Alkoholismus. Bei seiner Dankesrede kritisierte er die Normalität des Alkoholkonsums in der österreichischen Gesellschaft und den Umstand, dass es als nicht-alkoholische Getränke etwa bei der Nestroy-Gala nur Mineralwasser gibt und rief dazu auf: „Helft mit, dass es auch in Österreich normal wird, nicht zu trinken.“

Erstmals war heuer der Autor*innenpreis für das beste Stück nicht im Vorfeld bekannt gegeben worden, sondern in eine eigene Kategorie mit drei Nominierten gefasst. Als Gewinnerin ging Magdalena Schrefel hervor, die in „Die vielen Stimmen meines Bruders“ (Koproduktion Schauspielhaus Wien, Kosmos Theater und Kunstfest Weimar) über ihren mit einem seltenen Gendefekt lebenden Bruder Valentin Schuster schrieb. Auf die Bühne kam sie gemeinsam mit ihrem Bruder und hielt fest: „Ich habe bei diesem Stück gelernt, dass ich selber eine Stimme habe und es sinnvoll ist, sie auch für die Geschichten anderer einzusetzen.“

Mit der im Kosmos Theater uraufgeführten Produktion „Nestbeschmutzung“, die sich mich Machtmissbrauch in der Theaterszene auseinandersetzt, sicherte sich das Institut für Medien, Politik und Theater (Felix Hafner, Jennifer Weiss, Anna Wielander) den Preis als beste Off-Produktion. Das Team sprach sich in seiner Dankesrede „für angstfreie Räume in der Kunst“ aus. Auch die beste Aufführung im deutschsprachigen Raum wird beim Nestroy-Preis geehrt: Hier entschied sich die Jury für Karin Beiers fulminante Antiken-Reihe „Anthropolis I-V“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Beier bedankte sich bei ihrem gesamten Team, dass man zwei Jahre lang an diesem Mammut-Projekt arbeiten konnte. Sie erhielt auch den „Mini-Nestroy“ für die kürzeste Dankesrede.

Mit den Nestroy-Preisen werden herausragende Bühnenproduktionen sowie Künstlerinnen und Künstler der vergangenen Theatersaison geehrt. Die Jury bestand heuer aus Margarete Affenzeller, Karin Cerny, Sonja Harter, Wolfgang Kralicek, Julia Schafferhofer, Martin Thomas Pesl und Susanna Schwarzer.

nestroypreis.at