Kulturhauptstadt: Reges Interesse an Wegen des Widerstands

Die „Wege des Widerstands“ der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 sind auf großes Interesse gestoßen. Die geführten Wanderungen auf den Routen und zu den Verstecken der NS-Widerstandskämpfer im Salzkammergut waren „innerhalb weniger Tage ausgebucht“, sagte Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichte-Museums Ebensee und historischer Begleiter der Touren, im APA-Gespräch.

Die erste Wanderung am 25. Mai folgt der Route Leopold Engleitners, eines Zeugen Jehovas, der den Wehrdienst verweigerte, in mehrere KZ-Lager verschleppt wurde und sich in den letzten Kriegswochen auf der Meistereben-Alm versteckte, weil er noch einen Einberufungsbefehl erhalten hatte. „Ich habe ihn selbst noch gekannt, er war bei der Museumseröffnung 2001 dabei“, erzählt Quatember über Engleitner, der 2013 im Alter von 107 Jahren verstarb.

Einblicke in das Leben der Verfolgten

Am Ziel der Wanderungen gibt Quatember historische Einblicke in das Leben der Verfolgten, aus seinem reichen Erfahrungsschatz und „zum Teil werde ich Videoaufnahmen abspielen, damit die Teilnehmer die Originalstimmen der Protagonisten hören“. Von Engleitner sind durch seine Arbeit als Zeitzeuge gegen das Vergessen – u.a. mit Autor und Filmer Bernhard Rammerstorfer – viele Originalaufnahmen erhalten. Auch von anderen Widerständlern wie etwa Resi Pesendorfer, Karl Gitzoller und Alois Straubinger sind Tonaufnahmen vorhanden, auf denen sie ihre Geschichte erzählen.

Das Zeitgeschichte-Museum biete seit vielen Jahren Wanderungen zu den Spuren des Widerstands an, die Kulturhauptstadt habe das aufgegriffen und es seien neue Routen dazugekommen. „Ich meine, dass die Leute etwas über die Kulturlandschaft, die politische Landschaft wissen wollen. Das hat man den Gästen früher nicht zugetraut oder nicht zumuten wollen. Mittlerweile haben aber viele Menschen Interesse an der Geschichte der Region, nicht nur am Kaiser und Sisi, sondern auch an der Zeit des Nationalsozialismus“, ist Quatember überzeugt. Er baute seit der Gründung des „Verein Widerstandsmuseum“ 1988 KZ-Gedenkstätte und Zeitgeschichte-Museum in Ebensee auf. „Widerstandskämpfer haben lange nicht ins Geschichtsbild gepasst und wurden oft diskreditiert.“ Der 1993 verstorbene Peter Kammerstätter habe in den 1970er-Jahren mit Recherchen und Zeitzeugeninterviews viele Daten und Fakten für das Museum gesammelt.

Partisanen-Unterschlupf

Auch Wanderungen zum „Igel“, dem nach einer Igelfamilie benannten Stützpunkt der 1944 gegründeten Partisanengruppe „Willy-Fred“ um Josef Plieseis, Alois Straubinger und Karl Gitzoller gebe es immer wieder. Er war schon mit Schulklassen, einer Fußball-Gruppe aus Wien und Kunstschaffenden aus Graz dort, so Quatember. „Der Partisanen-Unterschlupf liegt in einer gewissen Abgeschiedenheit, den findet nicht jeder“, empfiehlt er kundige Begleitung und möchte gleichzeitig die Stimmung des Ortes bewahren. „Der Igel war ein Versteck und soll die Aura eines Verstecks behalten können.“ Trotzdem wird er wohl auch im kommenden Jahr ein- bis zweimal diese Tour machen.

Neben Quatember begleitet ein Guide vom Alpenverein die heuer von der Volkshochschule Oberösterreich veranstalteten Wanderungen auf den Wegen des Widerstands, jeweils neun Personen können teilnehmen. „Der Zeitaufwand ist gewaltig“, erklärte Quatember, der jeden Samstag acht bis neun Stunden unterwegs sein wird – genügend Kondition und gute Ausrüstung wird den Teilnehmenden empfohlen.
„Wege des Widerstands“, Termine und Infos unter http://www.salzkammergut-2024.at und http://www.memorial-ebensee.at

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