Die gebürtige Oberösterreicherin Katharina Marchgraber (41) ist umgeben von schönen alten Dingen aufgewachsen und hat sich diesen auch als Kunsthändlerin verschrieben. Seit 2021 gehört sie zu den Experten, die bei Deutschlands ältester Antiquitätensendung „Kunst und Krempel“ Objekte bewerten. Nach vielen Jahren macht das Format erstmals wieder Station in Österreich. Von 27. bis 30. Dezember sind in ORF 2 (jeweils 17.30 Uhr) vier Ausgaben aus dem Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg zu sehen.
VOLKSBLATT: Sie stammen aus Marchtrenk und sind mit Antiquitäten groß geworden.
KATHARINA MARCHGRABER: Ja, meine Eltern haben ein Antiquitätengeschäft. Als Kind habe ich in einem Bett aus dem 18. Jahrhundert geschlafen, mein Kinderzimmer war voller alter Sachen. Später habe ich dann in Wien Kunstgeschichte studiert und war beim Auktionshaus Christie´s in Paris. 2012 habe ich mich in Wien mit einem eigenen Geschäft selbstständig gemacht.
Haben Sie sich auf einen Bereich spezialisiert?
Ja, auf Vintage-Design der 1950er- und 1960er Jahre, ich hab´ aber auch immer wieder ältere Sachen. Der gemeinsame Nenner sind einfach Dinge, die mir gefallen. Bei einem Praktikum in Wien habe ich als 16-Jährige Vintage-Design kennengelernt und war total begeistert, das hat mir irrsinnig entsprochen. Ich habe angefangen, das zu sammeln, peu á peu als Studentin mit kleinem Budget. Es muss gar kein namhaftes Design sein, aber es gibt so viele originelle Dinge in der Zeit, die damals noch wenig gewürdigt worden sind, und denen habe ich dann Platz gegeben in meinem Geschäft.
Wie haben Sie Ihren Weg zu „Kunst und Krempel“ gefunden?
Ich wurde angefragt. Das war ein Kindheitstraum. Die Sendung zu sehen, war für meine ganze Familie schon immer ein Pflichttermin. Wir haben dann alle mitgeraten, wie etwas eingeschätzt wird, und ich habe das immer irrsinnig bewundert. Was für eine Ehre, dass ich jetzt dabei sein darf. Bei „Kunst und Krempel“ bin ich Spezialistin für Design des 20. Jahrhunderts.
Was war Ihre kostbarste Entdeckung?
Wir haben in Herzogenburg eine ganz, ganz tolle Keramik, das ist wirklich etwas Besonderes. Als ich das Objekt gesehen habe, war ich gleich Feuer und Flamme. Und die Besitzer haben wirklich gar nicht gewusst, wie ihnen geschieht.
Wie laufen die Vorbereitungen für die Sendungen ab?
Wir kriegen Fotos von eingereichten Objekten, können uns dann damit beschäftigen und entscheiden mit, was in die Sendung kommt. Auf Fotos kann man viele Dinge nicht festmachen, deshalb ist es dann immer wieder spannend, wie zum Beispiel der Zustand eines Objektes tatsächlich ist. Oft kann man am Bild auch nicht entscheiden, ist das ein Original oder nicht, da muss man es dann schon erst in natura sehen und das wird uns ad hoc ganz kurz vor Drehbeginn abverlangt. So einen Blick für Qualität und Originalität hat man aber schon und dann gibt es natürlich gewisse Details, die man noch nachschlägt oder recherchiert.
Irrt man sich auch einmal?
Ja, es ist ganz lustig, mein Kompagnon, Josef Straßer von der Neuen Sammlung München, und ich ergänzen uns wahnsinnig gut. Jeder hat natürlich einen anderen Blickwinkel — er kommt aus dem Museum und ich aus dem Handel. Bei virtuellen Treffen besprechen wir die Gegenstände und das ist oft irrsinnig spannend. Da lerne ich auch sehr viel. Josef und ich haben relativ gegensätzlich Schwerpunkte.
Wie gehen Sie mit Teilnehmern um, die Sie enttäuschen müssen?
Das kommt auch immer vor, aber ich glaube, wenn man das respektvoll macht, ist das in Ordnung. Und jeder Gegenstand hat auch etwas Interessantes, es ist ja nicht nur die wirtschaftliche Einschätzung spannend. Es kommen einige Leute, die gar keine so großen Erwartungen haben, was den monetären Wert anbelangt, sondern einfach wissen wollen, warum der Gegenstand in einer bestimmten Zeit besonders war, das ist ja auch ein Wert. Wir betten das Ganze in einen historischen Kontext ein.
Würden Sie sich Krempel ins Wohnzimmer stellen oder muss es ein Original sein?
Für mich ist die Qualität ausschlaggebend und wie originell ein Objekt ist und das müssen keine wertvollen Sachen sein.
Machen Sie den Teilnehmern auch einmal ein Angebot, wenn sie ein Objekt als Händlerin interessiert?
Nein, gar nicht. Das ist auch überhaupt nicht Sinn und Zweck der Sendung.
Was unterscheidet „Kunst und Krempel“ von Formaten wie „Bares für Rares“?
Der maßgebliche Unterschied ist, dass es nicht um diesen Showeffekt des Verkaufs geht und, dass wir uns bis zu sieben Minuten Zeit nehmen, also wirklich lange, um ein Objekt zu beschreiben. Das geht bei den anderen Sendungen natürlich oft viel schneller. „Kunst und Krempel“ ist ein reines Bildungsformat.
Interview: Melanie Wagenhofer