In der Brucknerhaus-Reihe „Das besondere Konzert“ erlebte „Golgotha“, wohl das bekannteste Oratorium des Schweizers Frank Martin, am Dienstag eine exemplarische Aufführung.
Berührend wie mitreißend
Das Bruckner Orchester unter Markus Poschner, der Salzburger Bach-Chor, einstudiert von Benjamin Hartmann, und fünf internationale Solistinnen und Solisten gestalteten das alle Kräfte fordernde Ausnahme-Werk ebenso mitreißend wie tiefberührend.
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Die 1949 uraufgeführte Komposition unterscheidet sich in der Form und dem aus mehreren Quellen geschöpften Text ganz wesentlich von den großen Passionen der Barockzeit. Sie ist auf zehn Bilder innerhalb zweier Teile und relativ kurze Zeit (105 Minuten) verdichtet und entfaltet mit zahlreichen kontrastierenden Mitteln des Stils und Inhalts eine faszinierende Wirkung, die zwischen äußerster Dramatik und kalmierender Meditation pendelt.
Alles hat seinen passenden Platz: Polyphonie und Homophonie, Zwölftontechnik ebenso wie konsonante, melodische, psalmodierende Elemente. Außergewöhnlich: Martin wurde zu seinem Werk von der legendären Rembrandtschen „Kreuzigungsszene“ inspiriert, die das Schaurige ebenso wie stilles Entsetzen ausdrückt; so zeichnet er das Geschehen am „Kalvarienberg“ überraschend meditativ im Sinne eines Rückzugs in die Unfassbarkeit.
Im Gegensatz dazu spiegelt sich „Der Disput im Tempel“, die Verhaftung Jesu auf „Gethsemane“ und sein Auftritt „vor den Hohepriestern“ und „Pilatus“ in Turbulenzen. Im letzten Bild ist „Die Auferstehung“ jubelnder Höhepunkt und Schluss zugleich. Die Rolle des erzählenden Evangelisten changiert zwischen Bass, Tenor und Chor, während jene des Jesus konstant beim Bariton bleibt.
Vorzüglich, herausragend
Der Bach-Chor und die Solostimmen von Siobhan Slagg (Sopran), Marianne Kielland (Mezzosopran), Bernard Richter (Tenor), Dominik Köninger (Bariton) und Mikhail Timoshenko (Bass) meisterten ihre Aufgaben vorzüglich bis herausragend (Kielland und Richter). Das Bruckner Orchester gab verlässlichen Rückhalt und schwang sich in den Soli zu Hochform auf.
Bernhard Prammer ließ die Orgel dezent begleiten, aber auch aufleuchten. Markus Poschner hatte den musikalischen Riesenapparat nicht nur jederzeit im Griff, sondern entfachte mit seinen Bühnen-Partnern die besondere Ausstrahlung des Meisterwerks „Golgotha“ in seiner Musikalität und inhaltlichen wie formalen Dynamik mehr als überzeugend. Das Publikum bestätigte dies mit intensivem Beifall.