„Moby Dick“ nimmt im Theater des Kindes Kurs auf Wal-Wissen

Fast ein wenig paradox: Das Plastik, das sonst unsere Meere verunreinigt, dient im Theater des Kindes auf geniale Weise der Darstellung des Pottwales, der See selbst und anderer Meeresbewohner.
Fast ein wenig paradox: Das Plastik, das sonst unsere Meere verunreinigt, dient im Theater des Kindes auf geniale Weise der Darstellung des Pottwales, der See selbst und anderer Meeresbewohner. © Theater des Kindes

Die Fastenzeit hat gerade angefangen: Wie wäre es damit, sich zu bemühen, für weniger Müll zu sorgen? Denn das, was da auf der Bühne des Linzer Theater des Kindes aus dem Bauch eines berühmten Wales fällt und sonst in den Weltmeeren treibt, ist tödlich für unsere Natur.

Aufgeblasen: Ein Plastikteil als Wal

Die Uraufführung der modernisierten Fassung von „Moby Dick“ (ab sechs Jahren) aus der Feder und in der Regie von Mechthild Harnischmacher am Freitag entpuppte sich als Mischung aus gelungener Wissensvermittlung und alter — das Original von stammt aus 1851 — Fisch-, nein Säugetiergeschichte.

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Dem Fluss der Handlung hat die Kombi nicht ganz so gutgetan, dafür war die Stunde faszinierend lehrreich und das Ensemble — Katharina Schraml, Simone Neumayr und David Baldessari — und die kreativen Einfälle wie immer genial. Ein riesiges Plastikteil (!) wird da zum Wal oder zur stürmischen See mit Wellengang, drei Leitern im Handumdrehen zum Dreimaster, darüber legt sich eine gelungene Soundwelle, die uns einmal unter Wasser und dann wieder oberhalb sein lässt und die dramatische wie poetische Akzente setzt.

Klicks kommen nicht nur von künstlichen Mäusen

Im Prolog und einzelnen Kapiteln lernt man, was aus der Speckschicht der intelligenten Meeresriesen alles gemacht werden kann und dann Moby Dick und seine Familie kennen, in der dieser fröhlich heranwächst. Köstlich wird die Nahrungskette der Tiere vorgeführt, die Klicklaute der Wale, ihre Sprache, nachgeahmt.

Dann erst taucht man in die eigentliche Geschichte und damit in die Realität vieler Vertreter der gefährdeten Art Pottwal ein: Die Szene, in der Moby Dick seine Mutter an Walfänger verliert, ist ganz schön dramatisch, hart und traurig. Und obwohl man weiß, was die Kids heute alles schon im Netz mitbekommen, schien dem Publikum die Darstellung auf der Bühne nahezugehen.

Den Kapitän des Walfangschiffes, Ahab, der vorwiegend als Stimme aus dem Off erscheint, wiederum kostet der Fang sein Bein: Moby Dick hat beim verzweifelten Versuch, seine Mutter zu retten, das Boot angegriffen. Ahab schwört auf Rache und ist von da an besessen davon, seinen schwimmenden Feind zu verfolgen und zu töten.

Am Ende segelt die Geschichte in stürmischen Fluten ihrem höchst dramatischen Höhepunkt entgegen, eine kurz aufblitzende Läuterung des bösen Kapitäns entschwindet sogleich wieder in den Fluten. Die Botschaften kommen trotzdem an: Rache ist die falsche Motivation, und wir beuten unsere Natur so lange aus, bis sie zurückschlägt.

Von Melanie Wagenhofer