Musikerin Riahi: „Freiheit in Saalfelden muss man nutzen“

Von Jazz bis Pop, von kleinen Formationen bis zum großen Ensemble hat sie schon alles gespielt. Die in Teheran geborene und seit 2007 in Wien lebende Klarinettistin und Komponistin Mona Matbou Riahi ist ein fixer Bestandteil der heimischen Musikszene. Am 23. August eröffnet sie mit ihrem Projekt „Nebulift“ die Hauptbühne des Jazzfestivals Saalfelden und verspricht dafür träumerische, psychedelische Sounds.

Unterstützt wird Riahi von Bassist Manu Mayr sowie Elektronikmusiker Oliver Johnson alias Dorian Concept und Visual Artist Lou Zon. Inhaltlich will sie mit ihrem Werk, das eine Mischung aus komponierten und improvisierten Elementen darstellen wird, auf einen schwebenden Zustand verweisen, der durchaus traumhaften Charakter aufweist. Mit der APA sprach Mona Matbou Riahi über den Stellenwert des Jazzfestivals, die Zusammenarbeit mit ihren Kollegen sowie die Notwendigkeit, den eigenen Weg konsequent zu verfolgen.

APA: Sie eröffnen heuer mit einer Auftragsarbeit die Hauptbühne in Saalfelden. Was bedeutet das für Sie?

Mona Matbou Riahi: Ich fühle eine gewisse Aufmerksamkeit von außen. Das sehe ich als Möglichkeit und Chance etwas zu machen, was ich noch nicht gemacht habe. Zunächst ist es natürlich eine Verantwortung. Der Platz hat auch eine Bedeutung für mich. So viele Menschen sind dort, es gibt so viele Augen, Ohren und Herzen, die in diesem Raum klopfen. Natürlich hätte ich ein bestehendes Projekt vergrößern können. Aber ich wollte etwas Neues ausprobieren. Diese Reise ist ein sehr persönlicher Prozess.

APA: Können Sie mehr über „Nebulift“ verraten?

Riahi: Der große Raum im Congress ist natürlich toll – aber eben doch ein Kongressraum. Ich frage mich immer, was man mit Räumen machen kann. In diesem Fall war mir sofort klar, dass ich eine visuelle Ebene haben wollte. Musikalisch schwebte mir dieses Vorhaben schon länger vor. Ich wollte etwas mit luziden Träumen, leicht trippig und psychedelisch, umsetzen. Wahrscheinlich etwas untypisch im Vergleich zu den Dingen, die ich bisher gemacht habe. Aber die Freiheit, die man in Saalfelden kriegt, muss man einfach nutzen!

APA: Wie sind Sie zu Ihren Kollaborateuren gekommen?

Riahi: Ich bin schon lange ein Fan von Olivers Musik. Seine Sachen sind so verspielt, aber gleichzeitig tief. Kennengelernt haben wir uns dann beim Popfest Wien im Vorjahr, wo ich mit Wetter etc. gespielt habe. Wir verstanden uns sofort sehr gut, auch menschlich! Also habe ich ihn nach der Anfrage einfach angeschrieben. Und mit Manu gibt es schon lange eine enge Verbindung, wir kennen uns seit 15 Jahren. Dabei überrascht er mich jedes Mal mit seinen Klangvorstellungen, und trotzdem fühle ich mich immer zuhause. Es ging mir darum, fluid zu sein im Klang. Nicht nur eine kurze Zugehörigkeit von Sounds zu finden, sondern immer wieder neue Welten miteinander zu entdecken. Es macht einfach Sinn mit den beiden. Wir müssen nicht so viel über die Sachen reden, es ist ein sehr intuitiver, sehr spielerischer Zugang. Wie wir mit Klängen umgehen, ist letztlich sehr ähnlich. Es ist ein Geschenk für mich.

APA: Was darf man sich von der visuellen Komponente erwarten?

Riahi: Lou Zon macht analoge Visuals. Eigentlich spielt sie sogar mit. Es sind ganz abstrakte Dinge, die nicht riesig sind, aber riesig werden können. Auch hier spielt die träumerische Vision rein. Ich gebe ihr komplette Freiheit. Natürlich haben wir kommuniziert, ich habe ihr auch ein paar Sachen geschickt. Aber am Ende des Tages ist es ihr Ding. Ich bin sehr gespannt, was passieren wird.

APA: Wie schaut der weitere Ablauf bis zur Premiere in Saalfelden aus?

Riahi: Wir werden uns davor noch einmal sehen, und dann eben in Saalfelden. Die vier Tage vor dem Auftritt werden wir vor Ort richtig eintauchen. Dort passiert die Hauptarbeit, und zwar auf Augenhöhe. Ich will ein Gleichgewicht auf der Bühne herstellen. In dieser Musik gibt es keine Front, sondern einfach unsere drei Stimmen. Ich will das anders regeln, als es sonst vielleicht üblich ist.

APA: Wie geht es Ihnen generell damit, im Musikbusiness mit all seinen schwierigen Rahmenbedingungen Ihre künstlerische Vision zu verwirklichen?

Riahi: Ist man in einer privilegierten Situation, darf man nicht vergessen, wie der Weg dorthin war. In der Musikszene gibt es verschiedene Blasen, die teils nicht so harmonieren. Ich war am Anfang einfach neugierig, was dort passiert. Ich habe so viele Sachen gemacht, die mir deutlich gemacht haben: Ich bin mehr als das Land, in dem ich geboren wurde, mehr als meine Hautfarbe. Das ist irrelevant. Nur deshalb in einem bestimmten Rahmen wahrgenommen zu werden, hat mich sehr gestört. Wenn ich meine Reise anschaue, sehe ich: Bestimmte Dinge waren notwendig um zu zeigen, was ich alles machen kann. Ich will in keiner Schublade stecken. Natürlich war das teils schwierig, weil das auch Zeit kostet und den kreativen Prozess einschränkt. Mein Land, mein Gender hat eigentlich gar nichts mit meiner Musik zu tun. Wobei es natürlich Plattformen für Frauen oder People of Color braucht. Wir müssen den Menschen ihre Sichtbarkeit geben. Aber ich hoffe, dass es einfach eine Selbstverständlichkeit wird – beziehungsweise die Aufmerksamkeit dafür größer wird. Es geht um Nachhaltigkeit, wofür man aber fragen muss: Was ist der Grund, dass man diese Menschen nicht sieht? Es muss sich etwas in den Köpfen ändern.

APA: Ist Saalfelden für Sie aus musikalischer Sicht auch ein guter Platz, um Barrieren zu überwinden?

Riahi: Ganz sicher. Nur weil man das eine oder das andere spielt, schließt sich das ja nicht gegenseitig aus. Es ist einfach meine Freiheit und mein Freiraum. Ich wünsche mir, dass das auch viele Menschen so wahrnehmen und ausleben können. Es ist ein harter Weg, man muss immer wieder aufstehen und sich gegen Diskriminierungen wehren. Aber natürlich gibt es Chancen, gibt es Möglichkeiten.

APA: Welche Rolle spielt das Publikum dabei? Wollen Sie es herausfordern?

Riahi: Ich glaube an das Publikum, an die Menschen, die in Konzerträume kommen. Ich schätze sie sehr und unterschätze sie auch nicht. Herausforderung steht dabei nicht unbedingt im Vordergrund. Man muss einfach ehrlich mit sich sein. Wir begeben uns auf eine gemeinsame Reise. Ich teile etwas von mir und wünsche mir, dass es auch rüberkommt. Wenn dann jemandem etwas nicht gefällt? Ganz ehrlich, das verstehe ich komplett. Die Menschen sollen sich einfach wohlfühlen, so wie sie sind.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

jazzsaalfelden.com; monamatbouriahi.com

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