Softopening im Musiktheater an der Wien mit „Idomeneo“

Das Softopening ist geschafft. Das frisch aufpolierte Musiktheater an der Wien hat nach zweieinhalb Jahren Generalsanierung am Samstagabend mit Mozarts „Idomeneo“ die Wiederbesiedlung des historischen Hauses gefeiert – mit jenem Werk, das schon beim Neustart als Opernhaus 2006 gespielt worden war. Damals gab es das Frühwerk des Komponisten allerdings in einer szenischen Fassung zu sehen – während man nun aufgrund technischer Probleme nur eine konzertante Aufführung bot.

Schließlich musste man aufgrund von baulichen Verzögerungen die im laufenden Jahr vorgesehenen Premieren streichen, weshalb die erste szenische Aufführung erst im Jänner 2025 folgt. Das Softopening zum langsamen Eingrooven ist jedoch gelungen. Über etwaige Akustikveränderungen etwa durch das neue Parkett anstelle des alten Teppichs im Auditorium des aus 1801 stammenden Theaters lässt sich dennoch schlicht noch nichts sagen. Schließlich waren die Sänger selbstredend dominant an der Rampe positioniert und traten die Wiener Symphoniker unter einem begeistert dirigierenden David Bates im Umkehrschluss auch akustisch in den Hintergrund. Wie sich die Sanierung auf eine Inszenierung niederschlägt, bleibt abzuwarten.

Einstweilen wurde der Abend auf stimmlicher Ebene ein Triumph der Frauen. Die herausragende Leistung des Abends lieferte die Mezzosopranistin Emily Sierra in der Hosenrolle des Idamante. Mit schnörkellosem Timbre, fein gesetztem Vibrato und einer leicht verruchten Aura dominierte sie die Bühne. Elena Tsallagova sang sich als Elettra mit ihren mit Verve und Schärfe vorgetragenen Furienarien zum Publikumsliebling. Und als Einspringerin für die erkrankte Jeanine de Bique lieferte Slávka Zámecniková eine solide Leistung als Ilia ab. Attilio Glaser präsentierte sich in der Titelpartie hingegen zwar mit guter Tiefe aber zu transparenter Höhe, während sich Ya-Chung Huang als Arbace durch den Abend forcierte. Hinzu kommt der Arnold Schönberg Chor als Hausensemble, der sein Können mit versammelter Mannschaft unter Beweis stellte.

Apropos versammelte Mannschaft: Zuvor hatte sich am Vormittag die Prominenz der Stadt zum Festakt im Haus eingefunden. „Was für eine Freude!“, hatte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) die Emotionen des Vormittags knapp zusammengefasst. „Wiedereröffnung ist auch ein Neubeginn. Und Neubeginn ist unbegrenzt – das kann man immer wieder machen“, rückte Franz Patay, Geschäftsführer des Mutterkonzerns Vereinigte Bühnen Wien (VBW), den Tag in die historische Dimension des 1801 eröffneten Hauses. Für das wird nun schließlich ein neues Kapitel aufgeschlagen, mit dem man endgültig den schon länger verwendeten Präfix „Musik-“ vor „Theater“ etablieren will.

Vor allem aber bedeutet der heutige Tag auch für Intendant Stefan Herheim einen Neustart. Schließlich konnte der seit 2022 amtierende Hausherr bis dato nur in der Ausweichspielstätte Museumsquartier werken: „Die Generalsanierung hat die Aura des im Geiste Mozarts errichteten Theaters weder übertüncht, noch verfälscht, sondern freigelegt“, freute sich der gebürtige Norweger über die behutsame Neugestaltung.

Diese ist für das Publikum vor allem sichtbar durch größere Pausenräume und Foyers, aber auch eine Terrasse im 1. Stock des Baus. Vieles muss sich im Ablauf noch einspielen, wie sich am Eröffnungstag zeigte. Aber das Plüschige, teils Abgeranzte, ist über weite Strecken einem strahlenden Weiß, einem hellen Ambiente gewichen. Alles wirkt luftiger, offener, freier im Rahmen der generell etwas verbauten Möglichkeiten des Hauses.

Nicht zuletzt wurde allerdings die Technik hinter den Kulissen auf den neuesten Stand gebracht – und just diese ist noch nicht im Volleinsatz zu erleben. So sorgten laut VBW der Wassereinbruch während eines Sommergewitters und Verzögerungen bei Baufirmen für eine Revision des ursprünglichen Zeitplanes. So wurden die ursprünglich vorgesehenen Premieren des laufenden Jahres gestrichen.

Neben dem „Idomeneo“ betrifft dies auch Schumanns „Das Paradies und die Peri“, die am 15. November einmalig konzertant gegeben wird. Die Kinderoper „Der kleine Prinz“ wurde gleich ganz gestrichen und durch vier semiszenische Aufführungen von Elena Kats-Chernins „Der herzlose Riese“ am 15. und 16. Dezember ersetzt.

Der erste szenische Startschuss fällt nun beschwingt am 18. Jänner 2025. Dann läutet man mit der Operette „Das Spitzentuch der Königin“ nicht nur das Feierjahr für Jahresjubilar Johann Strauss ein, sondern auch endgültig die nächste neue Ära des Musiktheaters an der Wien.

theater-wien.at

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