Immer mehr Veranstaltungen versuchen, nachhaltiger zu sein. Die meisten regelmäßig stattfindenden Festivals tasten sich nach und nach an das Thema heran – von der Mülltrennung über das Catering bis zur Mobilität. Die Europäische Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut 2024 hingegen hat sich für einen Stufenplan entschieden, der für so umfangreiche Programme empfohlen wird, weil alle Veranstaltungen zu zertifizieren auch organisatorisch kaum möglich wäre.
Die Eröffnung der Kulturhauptstadt wurde als Leitveranstaltung mit dem Umweltzeichen zertifiziert, die Organisation (Firma) an sich trägt das Umweltzeichen des Klimabündnis Oberösterreich, und für kleinere Veranstaltungen gebe man etwa vertraglich vor, dass sie die Mindestanforderungen für nachhaltige Veranstaltungen erfüllen müssen, erklärt Christina Jaritsch, die im Organisationsteam u.a. für Nachhaltigkeit zuständig ist. Da die Kulturhauptstadt das Thema Nachhaltigkeit auch inhaltlich umfangreich behandelt, lag die Entscheidung auf der Hand: „Sobald du inhaltlich mit diesen Themen arbeitest, solltest du dich auch operativ damit auseinandersetzen“, so ihr Ansatz.
Immer grüner: Ars und Crossing Europe
Regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen arbeiten sich hingegen meist step by step vor: Das Linzer Ars Electronica Festival etwa hat 2015 begonnen, mit dem Klimabündnis Oberösterreich Kriterien zu erarbeiten. Seit 2022 ist man offizielles Green Event, sagt Festival-Direktorin Veronika Liebl. Damals leistete man sich für ein Jahr eine explizite Nachhaltigkeitsmanagerin, um einen Grundstock zu erarbeiten, auf dem man nun aufbaut.
Auch beim Linzer Filmfestival Crossing Europe begann man schon vor etlichen Jahren, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen, zunächst mit den „Basics“ wie der Mülltrennung, schildert Festivalleiterin Sabine Gebetsroither, mittlerweile wurde auch die Auflage von Drucksorten stark reduziert, Werbung und Info wanderten stärker ins Netz – „früher haben wir enorme Mengen von Flyern nach dem Festival weggeschmissen“. Fahnen und Transparente werden später zu Gimmicks wie Taschen etc. upgecycelt. Auch Liebl hat am meisten überrascht, „wie weit man mit einfachen Schritten kommt“ – etwa Bio-Äpfel statt klassischer Festival-Goodies anzubieten.
OÖ KulturEXPO denkt Nachhaltigkeit mit
Ein ganz neues Format ist die OÖ KulturEXPO, ein Nachfolgemodell der Landesausstellung, die von Anfang an Klimamaßnahmen setzt. „Es war von vornherein klar, dass Green Event, Nachhaltigkeit eine Rolle spielt und mitgedacht wird. Es ist einfach undenkbar, nicht darüber nachzudenken“, sagt Norbert Trawöger, künstlerischer Leiter der OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024. Die Entwicklung hin zum Green Event sei ein Prozess und schon jetzt werde evaluiert, um bei der nächsten KulturEXPO 2027 eine Stufe weiter gehen zu können.
Ein großes Thema sind die Kosten: Zu Beginn habe es Bedenken gegeben umzusteigen, weil nachhaltig teurer werde, so Ars-Direktorin Liebl. Doch mittlerweile habe intern ein Umdenken eingesetzt. „Es wurde nie in Frage gestellt von unseren Partnern“, allerdings seien vertragliche Absicherungen nötig, um die Umsetzung der Maßnahmen sicherzustellen. Bei Crossing Europe schlägt sich vor allem die grüne Mobilität zu Buche: Die Reisen des Teams seien weitgehend auf Bahn oder Bus umgestellt worden und „wir versuchen auch, bei den Gästen aus dem Ausland streng zu sein“, sagte Gebetsroither, „dass vielleicht ein bisschen weniger kommen und dafür länger bleiben“. Aber auch wenn eine Kooperation mit den ÖBB einiges abfedere: „Durch die Zugreisen sind die Kosten gestiegen“, teilweise auf das Doppelte, „und man muss sehr bald buchen“.
Bei der Kulturhauptstadt sieht man hingegen auch Einsparungspotenziale durch Nachhaltigkeit: „Es ist ein Vorurteil, dass nachhaltig gleich teurer ist. Es gleicht sich echt aus“, findet Jaritsch. Sie verweist etwa darauf, dass die Entsorgung des getrennten Mülls durch die Abfallverbände billiger sei als jene des Restmülls durch die Gemeinden, und, dass sich Mehrweggeschirr meist ab der dritten Veranstaltung amortisiert habe. Auch dass Reisen durch Videokonferenzen ersetzt werden, wirkt sich schonend auf das Budget aus. Ganz auf Reisen verzichten kann man zwar nicht, denn „als Kulturhauptstadt wollen wir ein internationales Programm und internationalen Austausch fördern“, aber es sei „nie zur Debatte gestanden, jemanden nur für eine Keynote einzufliegen“.
Bei der KulturEXPO sieht Trawöger die vielen mitwirkenden Veranstaltungsstätten als Vorteil. „Das ganze Land ist Bühne, das Programm wird einfach auch mit Menschen vor Ort gemacht und man muss nicht zwingend irgendwo hinfahren, sondern kann auch nur schauen, was vor Ort ist.“
Herausforderung Mobilität
Die Mobilität ist auch für das international ausgerichtete Ars Electronica Festival „die größte Herausforderung“, gesteht Liebl. Die „strikte Politik“ lautet: Bis 1500 Kilometer respektive zehn Stunden wird mit dem Zug bzw. Öffis gereist, das gilt sowohl intern als auch für die Kunstschaffenden und Vortragenden. „Das funktioniert, wo wir einladen. Bei den Gästen setzen wir auf Aufklärung.“ Die größten Schritte nach vorne gelangen bei der Ars mit Infrastrukturmaßnahmen wie der Ausstellungsarchitektur. „Wir verwenden keine neuen Materialien“, vor vielen Jahren wurde eine modulare Ausstattung angeschafft, Gerüste werden gemietet, die IPC-Container, die als Wegweiser fungieren, spendet die Firma Spitz und sie werden nach dem Festival weitergegeben. „Das ist zwar nicht sexy, aber bringt viel.“ Auch beim Technikequipment „versuchen wir, alles anzumieten“. Oft wäre zwar der Ankauf günstiger, aber die Geräte seien auch teilweise nach einem Jahr nicht mehr zu verwenden.
Bewusstsein auch beim Buffet
Auch am Buffet wird es nachhaltiger: Beim Catering von Crossing Europe setzt man mittlerweile auf Mehrweggebinde und das Essen ist vegetarisch bzw. vegan – „manche Gäste maulen noch ein bisschen, aber es wird schon besser“, sagt Gebetsroither. Streng fleischlos sind allerdings nur jene Buffets, die das Festival selbst organisiert, „Partnerlokalen können wir das nicht verbieten“. Dass man viel mit externen Partnern arbeitet, ist auch der Grund, warum Crossing Europe „nur“ das Label des Klimabündnis Oberösterreich hat und nicht das Umweltzeichen: „Wir versuchen das, was in unserer Macht ist, wirklich umzusetzen“, aber häufig müsse man auch Partner überzeugen, dass Nachhaltigkeit nötig sei. Und man habe keinen Einfluss auf die Spielstätten, in denen man eingemietet ist. Auch gebe es in Linz ihres Wissens nach derzeit nur ein einziges zertifiziertes Hotel im Stadtzentrum, in dem man Gäste einquartieren könne.
Ein zentraler Punkt ist auch die Mobilität am Veranstaltungsort. Der Ars-Electronica-Festivalpass gilt als Öffi-Fahrschein, dem Besucherwunsch nach mehr Fahrradständern will man heuer nachkommen. Bei Crossing Europe kommen in der Festivalwoche ein E-Auto für Gäste und ein Lastenfahrrad zum Einsatz. Und die Kulturhauptstadt wird nicht müde, ihre Gäste zu motivieren, öffentlich anzureisen – was durch die dezentrale Lage für beide Seiten herausfordernd ist.
Dass auch kleine Veranstaltungen Green Events sein können, bewies die Volksschule Garsten mit ihrem Sommerfest, organisiert vom Elternverein. Die Mülltrennung bzw. -vermeidung erwies sich dabei als der Bereich, bei dem die – sehr engagierte – Mithilfe der Gäste am wichtigsten war. „Die Durchführung der Veranstaltung war trotz der Einhaltung der Kriterien nicht wesentlich teurer als im letzten Jahr“, war Nikolaus Koller vom Elternverein doch überrascht und kündigte an, auch das nächste Sommerfest wieder als Green Event umsetzen zu wollen.
Hannah Hofbauer von Pulswerk, einem Tochterunternehmen des Österreichischen Ökologie-Instituts, das auch Green Events zertifiziert, betont auch die Bedeutung der Kommunikation der einzelnen Maßnahmen – von der Barrierefreiheit über die Öffi-Erreichbarkeit bis zur Mülltrennung. Es gebe „wiederkehrende Muster“, welche Probleme die Veranstalter anfangs haben, berichtet sie aus ihrer Erfahrung, oft seien „die am simpelsten erscheinenden Dinge die größte Herausforderung“ – etwa wo man die Mistkübel aufstelle, damit die Besucher den Abfall trennen, oder die Umstellung auf Mehrweggebinde. Zumindest in der Wahrnehmung der Veranstalter sei meist die Umstellung bei der Verpflegung der größte Kostenfaktor. Es komme zwar auch vor, dass Veranstalter wieder zurückziehen, weil sie die Ressourcen nicht aufbringen, so Hofbauer. Aber „wenn sie merken, sie schaffen es, dann geht das in Fleisch und Blut über“.