Der 41-jährige Oberösterreicher Reinhard Kaiser-Mühlecker ist am Montagabend im Wiener Odeon Theater für seinen Roman „Brennende Felder“ mit dem Österreichischen Buchpreis 2024 ausgezeichnet worden. Die zum neunten Mal vergebene Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Der mit 10.000 Euro dotierte Debütpreis wurde der in Wien lebenden Deutschen Frieda Paris (38) für ihr Langgedicht „Nachwasser“ zugesprochen.
Kaiser-Mühlecker, der den Bauernhof seiner Eltern übernommen hat, führt in seinem im S. Fischer Verlag erschienenen Buch Figuren und Motive früherer Romane weiter. Seiner Protagonistin Luisa Fischer, die zwei im Ausland lebende Kinder aus früheren Partnerschaften hat, ist man so wie ihren beiden Brüdern und dem Bauernfunktionär Ferdinand Goldberger, mit dem sie zusammenzieht, bereits begegnet. In „Brennende Felder“ fügt der Autor zu seinen immer wiederkehrenden Themen wie Vorurteilen und Benachteiligungen, Reichtum und Armut sowie die Aufarbeitung der NS-Zeit noch ein literarisches Moment hinzu: Luisa Fischer arbeitet an ihrem Debütroman.
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„Luisa sucht intensiv nach den richtigen Worten, will sie doch als Schriftstellerin gesehen werden“, heißt es in der Jurybegründung. „Im Gegensatz zu ihr schreibt Kaiser-Mühlecker verdichtet, einfach und knapp, in ruhigem Ton. Durch unerwartete Wendungen spielt er nicht nur mit seinen Figuren, sondern auch mit den Lesenden. So konstruiert und dekonstruiert er diese abgründige, kalte und düstere Welt immer wieder aufs Neue.“
Für 20.000 Euro als Landwirt „ein Jahr lang gut wirtschaften“
„Kaum jemand kennt beide Lebenswelten – die einen haben von der Literaturwelt keine Ahnung, die anderen von der Landwirtschaft“, umriss Kaiser-Mühlecker im Interview mit Ö1 und der APA eine gewisse Vermittlerfunktion, die er verspüre. „Ich versuche den einen immer wieder das andere zu erklären. Beides sind sehr harte Berufe.“ So müsse man für die 20.000 Euro Preisgeld „bei einem kleineren Betrieb wahrscheinlich ein Jahr lang gut wirtschaften, ohne sich dabei noch einen Cent Lohn ausgezahlt zu haben“. Für sich könne er sagen, „dass die Landwirtschaft und das Schreiben einander sehr befruchten, dass auch die monotonen Tätigkeiten dabei dann und wann mein Denken in Schwung bringen“. Weil es nun im Spätherbst auf seinem Hof wieder etwas ruhiger sei, „hab‘ ich mich wieder an den Schreibtisch gesetzt“.
Nominiert waren weiters Romane von Katharina Winkler („Siebenmeilenherz“), Valerie Fritsch („Zitronen“) und Elias Hirschl („Content“) sowie der lyrische Prosaband „Fischgrätentage“ von Elke Laznia. Die fünfköpfige Jury hatte zudem eine Shortlist für den Debütpreis erstellt, auf der auch Verena Dolovais „Dorf ohne Franz“ und Julia Josts Kärntner Anti-Heimatroman „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ standen.
Debütpreis für ein Langgedicht
Den Debütpreis holte sich aber die 1986 in Ulm geborene Frieda Paris, die seit 2010 in Wien lebt, wo sie Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Sprachkunst studierte. Ihr in der Edition Azur des Verlags Voland & Quist erschienener Text „Nachwasser“ lässt einen an der Entstehung eines langen Gedichts teilhaben, bei dem Bezüge an „die große Wortmutter“ Friederike Mayröcker immer wieder präsent sind.
Ihr Buch sei ohne Wien kaum denkbar, meinte die Preisträgerin danach im Gespräch mit der APA. „Vor allem nicht ohne die Dichter:innen, die ich lese, und das sind schon viele Österreicher:innen – insofern ist Wien meine literarische Heimat, von der ich nichts wusste, bevor ich hierher gezogen bin.“ Ihr Langgedicht „Nachwasser“ sei „ein Wagnis“, befand die Jury. „Wer schon traut sich mit dem Debüt auf die spiegelglatte Fläche autopoetischer Lyrik und poetologischer Reflexion, setzt sich ungeschützt aus? Paris. Sie erkundet das Schreiben beim Schreiben, zieht uns in diesen Prozess hinein, hält auf uns zu und stürzt – nicht.“ Paris wertete die Auszeichnung als Signal „für mehr Offenheit, für mehr Versuche, für mehr Experiment“: „Es ist eine unglaubliche Freude, dass das, was man tut und dem man treu geblieben ist, auch ausgezeichnet wird.“
Die Preisgala wurde von den Burgschauspielern Dorothee Hartinger und Philipp Hauß moderiert und von Kontrabassist Georg Breinschmid und Violinist Benjamin Schmid musikalisch begleitet. Im Vorjahr ging der Österreichische Buchpreis an Clemens J. Setz für seinen Roman „Monde vor der Landung“, der Debütpreis an Arad Dabiri für „Drama“.