Poschners Ehrenbühne für vergessene Komponistinnen

Generalthema des Brucknerfestes begann beim Eröffnungskonzert

Es scheint derzeit in Mode zu sein, nicht nur in der Musik die Schöpferkraft der Frau zu Bruckners Zeiten ins rechte Licht zu rücken. So eine Art der Wiedergutmachung wird erstrebt, und statt Bruckner in seinem Fest zu spielen, Werke von Frauen ins Programm genommen, die noch nie in seinem Haus erklungen sind.

Sicher eine Idee, die Neugierde wecken soll und viel Spannung wie musikalische Neuheiten dem Publikum offeriert. Ausverkauft war der Abend nicht.

Mit Liebe und Impetus

Mit solchen Absichten konfrontierten am Eröffnungstag des Brucknerfestes zum Abendkonzert gleich zwei Namen von Komponistinnen, deren Begegnung sicherlich der literarischen Bereicherung diente. Mit viel Liebe und Impetus wurden sie von Chefdirigent Markus Poschner am Pult des Bruckner Orchesters vorgestellt. „Liebes-Dialoge“ war ja auch das Programm überschrieben und wahrscheinlich aus dem Gefühlsleben der Künstlerinnen, aber auch mit genauer Kenntnis von Kontrapunkt und Beherrschung der Instrumentation geschrieben.

Es lohnte sich reich, genau hinzuhören, um von den Qualitäten der Autorinnen überzeugt zu werden. Natürlich müssten auch die unerforschlichen Umstände für die persönliche Isolation der Komponistinnen bedacht werden, die jeweils ganz unterschiedlich gewesen sein dürften. Was zählt, ist allein ihre Musik.

Da war ein Konzert für Violine, Horn und Orchester (1927) von Ethel Smyth (1858-1944) zu hören, einer Engländerin, die für diese unorthodoxe Kombination der beiden Soloinstrumente ein breites Einfallsspektrum im Orchester einsetzte, in einem turbulenten Spiel, das leider eine verfolgbare Stilorientierung durch zu rhythmische Akzentuierung erschwert. Alle Bewunderung, wie die Geigerin Francesca Dego und der Hornist Marc Gruber es verstanden, bei der glatten Thematik und Motivsuche ihre Virtuosität zur Wirkung zu bringen.

Stärker im Gedächtnis wird die viersätzige Sinfonie fis-Moll für großes Orchester op. 41 (1916/17/20) der aus einer adeligen Familie stammenden Dora Pejacevic (1885-1923) bleiben, die mehr Glück mit Aufführungsehren hatte und in Kroation auf den Konzertprogrammen auch heute nicht unbekannt ist. 1918 war ihr Werk auch im Wiener Musikverein zu erleben und kein Geringerer als Gewandhausorchester-Chef Arthur Nikisch wollte es in Leipzig aufführen. Sein Tod hat diesen leicht vorhersehbaren Durchbruch von Dora Pejacevic verhindert. Ein Dokumentarfilm über sie hält ihren Ruhm bis heute aufrecht. Erst im heurigen Frühjahr war der Leipziger Chef Andris Nelsons mit der Sinfonie erfolgreich. Leider wurde die damals bis heute unvergessene Komponistin nur 37 Jahre alt.

Perfekter Klang

Aus einer ganz vertrauten Welt grüßte als erstes Stück des Abends die Konzert-Fantasie „Romeo und Julia“ von Tschaikowski aus 1869, die großartige Shakespeare-Adaption, kein Zufall in der gleichen Tonart h-Moll wie seine Sechste, die „Pathetique“. Poschner ließ deren Charakter aufleben. Das leidenschaftlich emotionale Moment, wie im Adagio der Sinfonie Pathos, Effekt und Intimität, alles vereint ist in des Komponisten seelischen Abgründen. Poschners Orchester erwiderte jenen perfekten Klang und Glanz, wie er es ihm seit langem vermittelte. Er musste immer wieder auf das Podium, so lange und stark donnerte der Jubel.

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