Reinhard Mey veröffentlicht Konzertmitschnitt nach 32 Jahren

Eigentlich war Reinhard Mey (81) in alten Erinnerungskisten seiner Kinder nur auf der Suche nach alten „Alf“-Kassetten. Doch stattdessen entdeckte der Liedermacher zwei Musikkassetten mit Live-Aufnahmen eines seiner Konzerte von 1992. „Es war einfach ein glücklicher Fund“, sagt Mey der Deutschen Presse-Agentur. Diesen will er nun – 32 Jahre später – mit der Öffentlichkeit teilen.

Unter dem Titel „In Aschaffenburg – die wiedergefundene Tournee 1992“ veröffentlicht der gebürtige Berliner am Freitag sein mittlerweile 21. Live-Album mit den alten Aufnahmen samt Anekdoten zu den Liedern. Der Mitschnitt stammt von einem Auftritt in der Stadthalle Aschaffenburg in Bayern am 20. Oktober 1992.

In diesem Jahr war Mey mit seinem damals aktuellen Album „Alles Geht!“ auf Tour – und in Bestform, wie er sagt. Auf der Bühne spielte er Lieder von der Platte wie „3. Oktober ‚91“ oder „50! Was, jetzt schon?“ über den damals bevorstehenden runden Geburtstag. Daneben aber auch einen seiner größten Hits „Über den Wolken“, oder das ruhige Antikriegslied „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“.

Als er den Konzertmitschnitt wiederentdeckte, habe er Freude, Verwunderung und Neugierde gespürt – und sich einige Fragen gestellt. „Warum habe ich die nie angehört? Wie war das damals, was singe ich, wie klingt analog in digitalen Zeiten? Wer hat überhaupt noch einen Kassettenrekorder, damit ich mal reinhören kann?“ Letzteren habe er in einem Berliner Studio entdeckt.

„Es war, auch wenn ich schon fast 50 war, immer noch meine bis heute anhaltende Sturm- und Drangzeit“, sagt Mey über seine Erinnerungen an die Tournee. In seinem Programm sei die Aufbruchstimmung und die Hoffnung nach der wiedergewonnen deutschen Einheit durchgeklungen, aber auch die Erinnerung an Krieg und Unfreiheit und die Ahnung vor neuen Kriegen.

Die Worte seiner Eltern „Nie wieder Krieg“ hätten sich in seine „Seele eingraviert“. Sein Vater sei mit zerstörtem Gehör aus dem Krieg gekommen und ein Onkel habe ein Bein verloren. Zudem habe der 1942 in Berlin geborene Künstler eigene dunkle Erinnerungen an Bombennächte im Luftschutzkeller.

Wenn er heute in die Aufnahmen von 1992 reinhöre, merke er, dass er mit dem Publikum im Einklang war, auch bei den unbeschwerten Liedern. „Es war eine wunderbare Tournee, es war die Zeit, als nach jedem Lied jemand kam und Blumen zur Bühne brachte“, erzählt Mey. Er habe damals sein Auto extra mit zwei Dutzend Vasen ausgestattet, um die Blumen unterzubringen. Seine Frau habe ihn auf Tour besucht und gesagt, in dem Auto sehe es aus wie in einer Trauerhalle.

Seine erste Live-Platte veröffentlichte Mey bereits 1971. Seit 1994 sind die Tourneen des Sängers lückenlos dokumentiert, wie es in einer Ankündigung zum Album heißt. Seinen Erlös aus dem Verkauf der neuen Platte wolle er an das Kinder- und Jugendwerk Arche spenden, sagt Mey. Zuletzt war im Mai sein Studioalbum „Nach Haus“ erschienen.

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