Die große Bühne ganz im Dunkeln, langsam erhellt ein Scheinwerferkegel das Zentrum und offenbart eine der ikonischesten Figuren, die die Independent-Musikszene derzeit aufzuwarten hat. Großer schwarzer Cowboyhut, langer dunkler Bart, Westerngitarre, Chris Christopherson? Aber nein, weit gefehlt!
Eine dünne, leise und dennoch ausdrucksstarke Falsettstimme hebt an und das mehrheitlich jugendliche Publikum im Stehparkett des randvollen großen Posthofsaales gerät ausser Rand und Band und bricht in lautstarken Jubel aus. Wer ist nun dieser Künstler, von dem sich Weltstars wie Sam Smith Songs ausgeborgt haben, und für die er auch Musik schreibt und ihre Lieder produziert, wie etwa für den US-Rapper und Megastar Drake?
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Begonnen hat dieser kometenhafte Aufstieg an der australischen Ostküste im Surferparadies Angourie, wo Ry Cuming, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, in der Hippie- und Surferszene aufwuchs. Bei einem Aufenthalt in Südamerika wurde er von einem Musikmanager entdeckt und nach Los Angeles geholt, von wo aus er seine künstlerische Reise antrat.
Mittlerweile ist er als Vertreter einer Art Electro-Folk weit oben auf der musikalischen Karriereleiter angekommen Diese ist geprägt von weltweiten Auftritten bei prestigeträchtigen Veranstaltungen wie der Friedensnobelpreisverleihung und an Orten wie St. Pauls Cathedral und Notre Dame, von gefeierten Solo-Konzerten oder Zusammenarbeit mit angesehenen Orchestern wie dem LA Philharmonic und dem London Philharmonic. Der Grammy-nominierte Sänger surft dabei von einem Erfolg zum Nächsten, mittlerweile hat Ry X über eine Milliarde Online-Streams gesammelt, sowie zahlreiche Platin- und Goldschallplatten für seine Aufnahmen erhalten.
Sein Erfolgsgeheimnis ist eine Art künstlerische Verpflichtung zu nachdenklichem Ausdruck und Verletzlichkeit, wie er sie auch bei seiner aktuellen Tour durch Europa mit seinem jüngsten Album „Blood Moon“ im Gepäck, eindrucksvoll zeigt.
Verhaltene Töne von irisierender Faszinationskraft, dargebracht vor einer riesigen Bühnenleinwand, die mit minimalistischen Videoclips von Zugvögeln, Meereswellen und Wolkentürmen Cumings starken Bezug zur unberührten Natur widerspiegelt, zeugen von einer zurückgenommenen musikalischen, archaischen Kraft, auch wenn sich einzelne Nummern mit ihren Beats sanft der Tanzbarkeit annähern.
Die zentralen Elemente dieses schwebend-sphärischen Musikstils bleiben eine reduktionistisch monotone akkustische Gitarre, sowie pluckernde und knisternde oder auch perkussive Elektrobeats. In „Your Love“ schraubt sich die Stimme mit der mantrenhaften Wiederholung dieser zwei Worte höher und höher.
„I don`t wanna let you go“ lautet die gleichfalls mantrisch wiederholte Floskel in einem anderen Song. Die Liebe und ihre Unbeständigkeit sind die Leitmotive in den Werken von Ry X, öfter auch in Verbindung mit dem Motiv der Endlichkeit des Lebens, auf denen der Singer Songwriter dahin surft. Alles an den Texten scheint vetraut und schafft einen scheinbar intimen Dialog mit dem Publikum im Linzer Posthof.
Am Ende dann viel Jubel und lang anhaltender Applaus für Lieder, die nicht wehtun, zwar von Schwäche handeln, aber dennoch makellos sind. Musik also für junge Menschen, die einfach nur zufrieden sein wollen, eine stille Zufriedenheit suchen, die in einer lauten konsumgetriebenen Gesellschaft zu einem immer größeren Gut wird.
Von Barbara Duftschmid