Marina Davydova, die entlassene Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, will ihre kürzlich bekannt gegebene vorzeitige Vertragsauflösung bekämpfen. „Ich bin überzeugt, dass meine Entlassung durch die Salzburger Festspiele rechtswidrig ist“, betont Davydova gegenüber der APA. „Selbstverständlich habe ich kein Fehlverhalten gesetzt. Ich habe meine österreichischen Anwälte bereits beauftragt, alle notwendigen rechtlichen Schritte zur Durchsetzung meiner Rechte zu setzen.“
Es sei „unschwer zu erraten, dass ich nach den Geschehnissen in Bezug auf mich in Salzburg von Gefühlen überwältigt bin“, so die Dramaturgin und Theaterwissenschafterin, deren Salzburger Vertrag bis 2026 gelaufen wäre, zur APA. Die von ihr bereits verfasste „sehr emotionale und persönliche Erklärung dazu“ will Davydova auf Anraten ihrer Rechtsanwälte aber doch nicht veröffentlichen.
Anwälte: „Davydova hat keinen Entlassungsgrund gesetzt“
„Frau Davydova hat keinen Entlassungsgrund gesetzt“, heißt es seitens ihres Anwalts Gerald Ganzger in einem der APA vorliegenden Schreiben. Die von den Festspielen verbreitete Behauptung, Davydova hätte eine konkurrenzierende, nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt, sei unrichtig. Ihre „Nebenbeschäftigung“ habe darin bestanden, „dass Frau Davydova völlig unentgeltlich“ eines von zwei Mitgliedern des künstlerischen Komitees des „The Voices Performing Arts Festival“ in Berlin war. Dieses Festival sei eine künstlerische Plattform für vertriebene Künstler und ist hauptsächlich den politischen Emigranten aus Russland gewidmet.
„Diese völlig unentgeltliche, rein humanitäre und philanthropische Tätigkeit für geflohene russische Künstler wurde von den Salzburger Festspielen rechtswidrig als Vorwand genutzt, um Frau Davydova loszuwerden“, so Ganzger. Davydova werde diese „ungerechtfertigte Entlassung nicht akzeptieren“ und alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Schritte dagegen unternehmen.
Davydova habe „Ratschläge gegeben und mit Kontakten weitergeholfen“
Ihr Engagement in Berlin werteten die Salzburger Festspiele jedoch als „weder angezeigte noch genehmigte Tätigkeit“ und Verletzung ihres Vertrages. Der deutsche Musikmanager und frühere Chef des Wiener Konzerthauses, Karsten Witt, über dessen Plattform CLSX.de das 2023 erstmals veranstaltete „Voices“-Festival organisiert wurde, wird dazu am Dienstag im „Kurier“ zitiert: „Es war naheliegend, Marina Davydova als Expertin anzusprechen. Sie hat uns Ratschläge gegeben und mit Kontakten weitergeholfen. Mehr war es nicht. Sie ist weder aufgetreten, noch ist sie von uns bezahlt worden.“
Es gebe vertragliche Verpflichtungen, und an Verträge müsse man sich halten, erneuerte der Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, bei der Programmpressekonferenz am Dienstag in Salzburg seine bisherigen Aussagen. „Es gibt einen Vertragsbruch und es gibt einen Vertrauensbruch“, da keinerlei Information stattgefunden habe und die Festspiele tatsächlich erst vor einer Woche, zwei Tage vor ihrer Bekanntmachung der Vertragsauflösung, von Davydovas Tätigkeit erfahren hätten. Alles andere stimme nicht, betonte auch Lukas Crepaz, der kaufmännische Geschäftsführer.
Hinterhäuser klagt über „merkwürdige Situationselastizität“
Zu seinem persönlichen Umgang mit der Situation befragt, sagte Hinterhäuser: „Ich gestehe, dass mich das in gewisser Weise traurig macht.“ Es überrasche ihn die „merkwürdige Situationselastizität“, die von verschiedener Seite in der Beurteilung der Causa an den Tag gelegt werde und stellte in Abrede, dass auch die Salzburger Festspiele bei der vergangenen Neuinszenierung des „Jedermann“ Verträge und Abmachungen gebrochen hätten. „Wir hatten eine Produktion abgesetzt, juristische Probleme wurden gelöst – da ist niemand zu kurz gekommen. Jetzt ist eine andere Situation.“ Dass Davydova heute angekündigt hat, den Rechtsweg zu beschreiten, „überrascht uns gar nicht. Das war auch zu erwarten. Aber ich und wir alle sind da sehr gelassen.“
Es gebe über Davydovas künstlerische Arbeit in Salzburg nichts Negatives zu sagen, so Hinterhäuser, der sich noch nicht entschieden hat, ob er die künftige Schauspielleitung über eine „Sondierung“ oder eine (nicht verpflichtende) Ausschreibung finden möchte, sagte er heute. „Ich werde eine Lösung finden, ich muss sie finden. (…) Ich bekomme gerade sehr viele Zuschriften von Menschen, die sich anbieten.“ Die eingeschlagene Internationalisierung des Schauspiels „ist der richtige Weg. Ich möchte diesen Weg fortsetzen“, so Hinterhäuser.