Es hatte seinen Grund, dass in der Reihe der Klassikkonzerte die Arbeiterkammer das Publikum mit englischer Musik bediente und dafür laut bejubelt wurde. Am Pult des Bruckner Orchesters zeigte sich erstmals im Brucknerhaus der britische Dirigent Harry Ogg und brachte das seltene Programmgespann Beethoven/Edward Elgar auf die Bühne.
Leicht zu erraten, dass sein Landsmann Elgar (1857-1934) zu seinen bevorzugten Komponisten zählt. Den zweiten Grund für die Verbindung zu Beethoven erklärte der Start in den Abend mit dessen gerne aufgeführter „Egmont“ Ouvertüre op. 84 aus 1810. Und Elgar versteckte in seinen am Schluss gespielten Enigma-Variationen (benannt nach dem altgriechischen Wort für Rätsel) Beethoven-Anklänge, die allerdings kaum entdeckt wurden, was allerdings für die Aufführung keine Rolle spielte.
Großartiger Gastdirigent
Die Musik zu den Variationen Elgars op. 36 besteht aus 14 Charakterstücken und porträtiert Personen aus seinem Freundeskreis, so verständlich und echt, dass man sich diese aus der Interpretation vorstellen konnte. Die Sympathien für den Gastdirigenten Ogg waren überhaupt schnell zu gewinnen. Mit seinen unaufdringlichen, aber Temperament versprühenden Zeichen wurde er rasch warm mit unserem Klangkörper. Die dramatischen Ausflüge eines auch versierten Operndirigenten waren nicht zu überhören und -sehen, aber dahinter auch seine emotionale Beziehung zur englischen Musik mit ihrem oft verborgenen Ausdruckspegel zu überzeugen. Freilich, in der spätromantischen Zeit eines Elgar musste man weit zurückdenken und am besten vergessen, was Englands Bedeutung für die Musik etwa der barocke Henry Purcell der Nachwelt schenkte.
Künftige Solocellistin stellt sich vor
Die Sensation des Konzertes ereignete sich eindeutig vor der Pause, da sich das Ausnahmetalent auf dem Cello, Lia Vielhaber, mit Elgars gefürchtetem Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85 (1919) als künftige Solocellistin des Bruckner Orchesters vorstellte. Mit seinem letzten großen Orchesterwerk verabschiedete sich Elgar vom Komponieren. Tragik, Tiefsinn und Melancholie setzen sich nur schwer durch bei dieser aufhellenden Musik voll von Klanggewalt und Strahlkraft und verlangen viel mehr als technische Überlegenheit und seelische Einfühlung. Mit ihren erst 22 Jahren zeigte die Künstlerin eine erstaunlich reife Gestaltung und wurde mit Jubel überhäuft. Wie man weiß, erreichte die berühmte Jaqueline Prée mit dem Cellowerk früher ihren weltweiten Triumph. Auf bestem Weg dorthin befindet sich Lia Vielhaber laut ihren bisherigen Erfolgen. Beste Wünsche.
Von Georgina Szeless