Sinnlicher Soloabend mit Opernstar Erwin Schrott

Der Sänger als Botschafter zwischen Klassik und Tango im Linzer Musiktheater

Auf der Bühne ganz in Schwarz gekleidet und mit charismatischer Präsenz den ganzen Raum füllend, Bassbariton Erwin Schrott, der zur Zeit wie ein Phönix aus der Asche auf einem Höhepunkt seiner Karriere steht. © Philip Brunnader

Volles Haus im Linzer Musiktheater bei einem vorweihnachtlichen Highlight der Reihe „Great Voices“. Auf der Bühne ganz in Schwarz gekleidet und mit charismatischer Präsenz den ganzen Raum füllend, Bassbariton Erwin Schrott, der zurzeit wie ein Phönix aus der Asche auf einem Höhepunkt seiner Karriere steht und in Europa und Amerika als einer der besten Künstler seiner Generation gefeiert wird.

Der in Uruguay geborene Sänger hat mit seinen spannenden Mozart -Interpretationen internationales Aufsehen erregt, und so beginnt der Liederabend auch gleich mit drei Konzertarien des Komponisten. Etwa mit dem mit volem Pathos geladenen Stück “Mentre ti lascio, oh figlia“, das Mozart 1787 in Wien während seiner Arbeit an „Don Giovanni“ verfasst hat.

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Schrott interpretiert die Arie mit Leidenschaft aus voller Brust, ausdrucksstark und mit flotten Tempi begleitet von Pianist Giulio Zappa, der mit ihm den klassisch gestalteten ersten Teil vor der Pause gemeinsam bestreitet. Die Es-Dur-Arie drückt in steigender Dringlichkeit die Seelenqualen eines Vaters aus, der sich in schwerer Stunde von seiner Tochter trennen muss.

Ein Gustostückerl für die dunkle, samtig sinnliche Singstimme von Erwin Schrott, der sich im Laufe des Abends noch dramatisch zu steigern vermag und der stimmlich eben ein echter Bassbariton ist und kein verhinderter Tenor.

Sehr schön und berührend in der Folge dann auch die stimmige Interpretation der „Tre Sonetti di Petrarca“ von Franz Liszt. Was zunächst verhalten beginnt, mündet in eine starke, ausdrucksvolle Darbietung, bei der Schrott mit ganzem Körpereinsatz sein gewaltiges Stimmvolumen einsetzt, treffsicher in allen Lagen intoniert, gleichzeitig voller Pathos und mit viel Schmelz die drei Sonette in schönsten Klangfarben schildert.

Dass Schrott einen Tag nach seinem 52. Geburtstag auf dem Zenit seiner Karriere steht, beweist er mit einem Vorgriff auf sein kommendes Rollendebut an der Wiener Staatsoper als Basilio in Gioacchino Rossinis Oper „Il Barbiere Di Siviglia“.

Die berühmte Arie “La calunnia e un venticello“ ist ihm auf den Leib geschneidert, vom verwegenen Image des Latin Lovers hat sich Schrott mitlerweile meilenweit entfernt, gereift und in neuem Look mit kurzem dunklen Haarschnitt und gepflegtem Bart, gibt er sich nun ein seriöses Image als Opernstar, der das Publikum kurz vor der Pause zu frenetischem Jubel mitreißt.

In der zweiten Hälfte des Soloabends schwelgt der Sänger dann ausdrucksstark in Tango-Rythmen seiner Heimat Uruguay. Astor Piazzolla und Carlos Gardel haben mit ihrem „Nuevo Tango“-Stil diese melodramatische Musikrichtung einem breiten Publikum auf der ganzen Welt bekannt gemacht. Schrott versteht sich in diesem Sinne als Botschafter des Tangos, nicht zuletzt auch mit seinem gefeierten Hitalbum „Rojotango“.

Mit Federico Lechner am Konzertflügel und Claudio Constantini am Bandeon, zwei virtuosen Musikern ihres Genres, bestätigt Schrott einmal mehr, dass seine dunkle Bassbariton-Stimme perfekt dafür geschaffen ist, tragische Liebes- und Lebensdramen in kurzen Liedern schmachtend und kompakt zu interpretieren, wofür eine klassische Oper drei Stunden braucht, wie er als charmanter Moderator zwischen den einzelnen Stücken anmerkt.

„Oblivion“ von Astor Piazzolla und „Bésame mucho“ von Consuelo Velásquez geraten so zu weiteren umjubelten Highlights des Abends. Vom begeisterten Publikum verabschiedet sich Schrott am Schluss dann mit einer rührenden, wenn auch eher untypischen Zugabe.

Gemeinsam mit seiner Tochter Iara gibt er kurz ein vorweihnachtlich schmalziges „White Christmas“ im Duett zum Besten, ehe er die zum Teil verdutzten Zuhörer in eine regnerische Winternacht entlässt.

Von Barbara Duftschmid