Strahlender Held wider Willen im Sherwood Forest

Premiere im Musiktheater: „Robin Hood - das Musical“ von Chris de Burgh und Dennis Martin

Vorbehaltloser Jubel! Heiße Kämpfe und zarte Liebe im kühlen Sherwood Forrest begeisterten am Mittwoch das Musical-verwöhnte Linzer Publikum.

Einen Sommer lang belagert „Robin Hood“ mit einem Heer von internationalen Künstlern das Musiktheater. Die Helden im Hintergrund sind hierzulande auch bestens bekannt: Regisseur Matthias Davids und Choreografin Kim Duddey. Neben Robin Hood (geb. Loxley ca. 1160) steuert als weiterer nobler Engländer Chris de Burgh (geb. Davison, 1948) die Inszenierung. Der eine untrennbar mit „Lady Marian“ verbunden, der andere 800 Jahre später mit seiner „Lady in Red“. Beide, Protagonist wie Komponist, zogen mit dem Musical „Robin Hood“, seit der Premiere 2023 bereits Hunderttausende in ihren Bann.

Fernab von Heldentum kehrt der totgeglaubte Robin von Loxley aus dem Kreuzzug zurück, die Nase voll vom Kämpfen für Gott und König. Martialische Gesänge „Das Kreuz auf den Fahnen, den Glauben im Blut“, treffen auf seine müde, von den Grausamkeiten des Krieges gezeichnete, Seele. Im politisch verlotterten England unter King John beginnen sich Outlaws zu organsierten.

Robin erkennt widerwillig seine neue Pflicht bei den Aufständischen. Chris de Burgh´s „Don’t Pay the Ferryman“ wird zu „Freiheit für Nottingham“. Im Fokus steht Robins Weg zur eigenen inneren Freiheit vom adeligen Jungschnösel über den traumatisierten Kreuzzügler zum Freiheitskämpfer vor dem historischen Hintergrund des mittelalterlichen England.

Nach der Pause formieren sich die Kämpfer im Sherwood Forrest. Die Guten, Bruder Tuck, Will Scarlet und Little John, erbeuten Wein und Staatskassa, im Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit gegen die Bösen Guy von Gisbourne und King John.

Musikalisch schickt ein ferner „Ferrymen“ immer wieder vertraute Klänge durch den Sherwood-Forrest. In diese Stimmungen passen aber genauso rockige Klänge, traditionelle Folklore, emotionale Balladen und die Mitklatsch-Hits „Lassen wir Fünfe grade sein“, oder „Wir haben die Kohle und der König nicht“. In der musikalischen Vielfalt ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Liebe und Freundschaft drücken sich in Choreografien aus, brechen auf in Hass und Gewalt bis zum Ekel. Die Tanzformationen von Kim Duddy beglücken und bedrücken. Kämpfe enthalten neben aller Grausamkeit Humor, höfische Ästhetik neben Anmut auch Kälte und Falschheit. Formelhafte Bewegungen lassen Grundhaltungen wissen.

Zu den musikalischen und choreografischen Abenteuern sprudelt stets ein Schuss Komik im harmonischen Fluss aus Action, Bildern und Handlung.

Das Bühnenbild besteht aus wenigen Elementen. Videos bestimmen Atmosphäre und blitzartige Ortswechsel.

Philipp Büttner in der Titelrolle bleibt im Herzen der Zweifler, auch wenn er in heroischer Überwindung zum Anführer der Revolutionäre wird. Stimmlich rührt er besonders im Duett mit Marian „Ich weiß nicht wer Du bist“ Sein Gegenspieler Thomas Hohler, als Guy von Gisbourne ganz und gar Bösewicht, setzt seinen wachsenden Hass auf Robin eindrucksvoll in Gesang um. Philipp Hägeli gibt als König John eine egozentrisch narzisstische Figur, lächerlich und zugleich beängstigend, wohl nur zufällig an einen global agierenden Politiker erinnernd.

Tamara Pascual als anfangs fügsame Lady Marian entwickelt nach sexueller Gewalterfahrung schon im Mittelalter feministische Auflehnung. Sie motiviert ihren Liebsten zum aktiven Widerstand, stemmt sich selbst gegen ihr patriarchalisch vorbestimmtes Schicksal und kämpft für Gerechtigkeit auch gegenüber Frauen.

Neben Robin und Marian führen die starken Stimmen von Will Scarlett (Dennis Henschel), John Little (Thorsten Tinney) und Bruder Tuck (Simon Staiger) das Königreich England in eine bessere Zukunft. Eine überraschend melodramatische Wende, bei der Kira Primke als Äbtissin von Kirklees eine kitschig-böse Rolle spielt, führt ins Finale.

Große Begeisterung für die spannende Produktion mit fundiertem psychologischem und historischem Hintergrund. Die fast drei Stunden (mit Pause) vergehen wie im Flug. Bei aller Spannung steht gediegene Unterhaltung mit feinem Witz im Vordergrund. Beinahe schüchtern verbeugen sich am Schluss auch Chris de Burgh und Dennis Martin, als ein riesiger Applaus zum Da Capo der Hits durch das Musiktheater brandet!

Von Eva Hammer

„Robin Hood“ von Chris de Burgh und Dennis Martin. Regie: Matthias Davids, Choreografie: Kim Duddy, Bühne: Hans Kudlich, Kostüme: Conny Lüders. Mit u.a. Philipp Büttner (Robin von Loxley), Tamara Pascual (Marian), Thomas Hohler (Guy von Gisbourne), Philipp Hägeli (King John), Thorsten Tinney (William von Loxely/John Little), Kira Primke (Äbtistin von Kirklees), Konstantin Zander (Sheriff von Nottingham). Gastspiel am Musiktheater Linz. Weitere Vorstellungen: 11. bis 14. Juli, 16. bis 21. Juli, 23. bis 28. Juli jeweils 19.30 Uhr, Sa, So auch 15.00 Uhr, landestheater-linz.at

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