„The Dead Don’t Hurt“: Krieg und Liebe in der Prärie

Vicky Krieps besticht in klassischer Wildwest-Romanze von und mit Viggo Mortensen

Viggo Mortensen und Vicky Krieps © Marcel-Zyskind_Alamode-Film

Mit seiner zweiten Filmregie erfindet Viggo Mortensen („Falling“) das Western-Rad nicht neu, hat in Vicky Krieps („Corsage“) aber eine Geheimwaffe. Er spielt in „The Dead Don’t Hurt“ (ab Donnerstag) nicht den Revolverhelden, sondern überlässt seiner famosen Leinwandkollegin über weite Strecken die Show. Mortensen hat sich selbst als Cowboy besetzt und die geborene Luxemburgerin als Frau an seiner Seite. Der Film ist nicht frei von Klischees, aber das Duo weiß zu beeindrucken.

Western erlebt Renaissance

Der Western erlebt schon seit einiger Zeit eine Art Renaissance. Jane Campions preisgekröntes Drama „The Power of the Dog“ brach mit der für das Genre typischen Verehrung rauer Männlichkeit. Martin Scorsese nannte „Killers of the Flower Moon“ seinen ersten „Western“. In wenigen Wochen kommt das erste Kapitel von Kevin Costners vierteiliger Saga „Horizon“ in die heimischen Kinos. Derweil erobert Mads Mikkelsen in „King’s Land“ die „dänische Frontier“ auf der großen Leinwand. Western also soweit das Prärie-Auge reicht.

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Die neueste, aber relativ klassische Interpretation stammt von „Herr der Ringe“-Waldläufer Viggo Mortensen, der hier nicht nur die Regie geführt, sondern auch das dürftige Drehbuch geschrieben, die melancholische Geigenmusik komponiert hat und die männliche Hauptrolle spielt: einen dänischen Einwanderer, der sich im Nevada der 1860er niedergelassen hat. Es ist die Art von Rolle, die der 65-Jährige perfekt zu spielen weiß: ruppig, stoisch und staubverkrustet – immer am Grübeln über ein moralisches Dilemma.

Der Film gehört Vicky Krieps

Und trotzdem ist die Geschichte eigentlich die von Vivienne. Als solche gehört der Film Vicky Krieps. Die beiden begegnen sich in San Francisco, wo die französischstämmige Zugereiste ihre Blumen verkauft. Ein paar Flirts und eine gelbe Rose später und sie ziehen gemeinsam in Olsens Holzhaus irgendwo im Nirgendwo. Zumindest für eine Weile spielen die beiden „Unsere kleine Farm“. Alles ist recht idyllisch, aber dann zieht Olsen – wie soll es anders sein – in den Krieg. Vivienne bleibt allein und schutzlos am Rande einer Stadt zurück, die von sehr bösen Männern regiert wird, von denen der schlimmste der sadistische Weston Jeffries ist, der schurkisch von Solly McLeod gespielt wird.

Neigung zu Klischees

Wie gesagt, als Schauspieler hat sich Mortensen („The Road“, „A History of Violence“) perfekt besetzt. Als Regisseur und Autor neigt er zu Klischees. Schon die ersten Szenen beinhalten den Tod einer Frau, einen Killer-Cowboy mit schwarzem Hut, eine Hinrichtung und einen gutmütigen Sheriff, der aus Protest seinen Stern zurückgibt. Was man ihm aber hoch anrechnen muss: er interessiert sich für die Frau hinter dem Mann auf dem Pferd und es ist allein Vicky Krieps zu verdanken, dass ihre Figur auch die nötige Tiefe besitzt. Sie war Sisi in „Corsage“. Sie hat Ingeborg Bachmann („Reise in die Wüste“) verkörpert. Ungewöhnliche Frauen spielen, das kann sie. Ihre Vivienne ist keine pseudofeministische Revolverheldin, sondern eine moderne, widerstandsfähige Frau, die, wenn sie brutal vergewaltigt wird, am nächsten Tag weitermacht. Als Olsen später herausfindet, was passiert ist, wird „The Dead Don’t Hurt“ leider zu einem weiteren Film über einen Mann, der „seine Frau“ rächt.

Gute, alte Wildwest-Romantik

Es ist nicht zu übersehen, dass Viggo Mortensen eine tiefe Bewunderung für dieses Genre hegt. Sein Film hat den verwitterten, malerischen Look eines traditionellen Hollywood-Westerns (der Art, in der John Wayne meist den Helden spielte) und wurde im beeindruckenden Breitbildformat von Kameramann Marcel Zyskind gedreht. Auch wenn es mehr eine Hommage als eine Revision darstellt, so ist „The Dead Don’t Hurt“ gute, alte Wildwest-Romantik.

Von Marietta Steinhart

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