Kann es eine Batman-Serie ohne Batman geben? HBO hofft das jedenfalls. Einige werden sich vielleicht noch an Danny DeVitos watschelnden Pinguin in Tim Burtons 1992er Kultfilm „Batmans Rückkehr“ erinnern.
Der Comicschurke mit den flossenartigen Händen und dem Zylinderhut hat nun eine eigene Spin-off-Serie im Mafiakostüm bekommen. Colin Farrells Interpretation ist definitiv eine neue: ein grobkörniger Gangster im Stil von Tony Soprano. Abrufbar bei Sky.
Die Titelfigur der neuen HBO-Serie „The Penguin“ ist kein Regenschirm schwingender, mit Tinte triefender Dandy namens Oswald Cobblepot, wie er es in der Batman-Welt lange war. Er ist jetzt Oz Cobb, ein bulliger, prustender Gangster, der zwar watschelt, weil er einen Klumpfuß hat, aber er hat mehr Ähnlichkeiten mit James Gandolfinis Tony Soprano – mit all seinen Neurosen, seinem Charisma und seinen 200 Kilo. Er wird, wie schon in Matt Reeves „The Batman“ aus dem Jahr 2022, von Farrell („The Banshees of Inisherin“) gespielt, der unter einer überwältigenden Schicht von Latex und einem Fettanzug verschwindet.
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Die Geschichte von Showrunnerin Lauren LeFranc („Hemlock Grove“) setzt nach den Ereignissen im Film ein. Die dramatischen Überschwemmungen haben die ärmeren Viertel zerstört und an mehreren Fronten wird ein Drogenkrieg geführt. In diesem Chaos steckt eine Chance, die Oz zu nutzen hofft, um die Kontrolle über die Unterwelt an sich zu reißen.
Er ist ein schmieriger Kerl, der lügt und mordet, aber er hat auch väterliche Gefühle für seinen Laufburschen (Rhenzy Feliz), und er fürchtet sich vor seiner Mutter (eine ausgezeichnete Deirdre O’Connell). Die Figur ist rauer und realistischer als ihre Comicwurzeln, und wäre es ein Film, man würde Colin Farrell wahrscheinlich eine Oscar-Nominierung geben.
Paroli bietet ihm die Gangsterprinzessin Sofia Falcone (von Cristin Milioti mit einem Schnurren gespielt), die sowohl schauspielerisch, wie auch in Sachen Soziopathie, durchaus mit Farrells Oz mithalten kann.
Der US-Regisseur Craig Zobel („Mare of Easttown“) hat die ersten drei von acht finsteren Folgen inszeniert, während Lauren LeFranc geschickt Gesellschaftskritik, Familienstreitereien und schwarzen Humor miteinander verwebt. Es ist nicht die Art von Serie, die das amerikanische Fernsehen auf ein neues Niveau hieven wird, so wie das vor 25 Jahren die „Sopranos“ taten.
Damals kam das Mafiagenre mit seinem neuen Typus von Schurken, dem „sympathischen Gangster“, im Wohnzimmer an und schuf das Prestige-TV der Nullerjahre. In diesem Sinne kommt die Serie ein Vierteljahrhundert zu spät. Aber um die eingangs gestellte Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten: Wer braucht schon Robert Pattinsons Emo-Fledermaus, wenn er Colin Ferrells Gangster-Vogel haben kann?