Tote ausgraben bei den Gmundner Festwochen

Austropopper Voodoo Jürgens begeistert im Salzkammergut

Voodoo Jürgens in Gmunden. © Catherina Duftschmid

Den Wiener Schmäh hat er perfekt drauf, auch wenn er aus Tulln an der Donau kommt und was er an Höhen und moralischen Tiefen in seinen Balladen vorbringt, hat er alles schon selbst erlebt. Der Wahlwiener David Öllerer alias Voodoo Jürgens ist derzeit sicher einer der schillerndsten schrägen Vögel unter den Vertretern des heimischen Austropops, als Wirtshaus-Singer-Songwriter mittlerweile eine echte Kunstfigur zwischen den Beisln in Wien-Fünfhaus und den großen Hallen in Berlin.

Da rennt im Gmundner Stadttheater vor ausverkauftem Haus zum Gaudium des Publikums der Schmäh mit der Ansa Panier als Begleitband, derweil auf der Bühne die Wein- und Bierflaschen die trockenen Musikerkehlen erfrischen und ein Tschick zwischendurch nicht fehlen darf.

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Die Stimmung im schwülen Theatersaal ist aufgepusht, man fühlt sich versetzt ins grindigste Wiener Beisl etwa beim Titel „Schworz wie Kindspech“ wo es zum Briochekipferl ein Glaserl Benzin zum Trinken gibt. Wo im Hinterzimmer das illegale Glücksspiel boomt und alle Spieler Verlierer sind, wie in „Des gibt`s jo net“ trefflich beobachtet.

Da ist die Heimatstadt Tulln, die in der gleichnamigen Hymne verewigt ist. Der Geruch einer Tierkadaververwertung und einer Zuckerfabrik liegt über diesem Ort idyllischen Grauens, während sich der „Stodtparkfredl“ für 500 Euronen im Park anbietet oder im „Glosscheamviadl“ eine junge Frau als Dauercamperin den Männern den Kopf verdreht.

So hebt Voodoo Jürgens mit schwarzem Humor ganz im Sinne von Hirsch, Ambros und Danzer einen morbiden musikalischen Goldschatz nach dem anderen aus seinem authentischen Wiener Soul-Repertoire. „Heite grob ma Tote aus“, einer seiner Superhits, nimmt das tobende Publikum mit in die Geisterbahn, an den Rand der Gesellschaft, zu einer emotionalen Hochschaubahnfahrt.

Es folgen weitere Hits wie „Hansi da Boxer“, „Gitti“, „Es geht ma net ei“, „Taunzn“ oder der bittersüßen Lamourhatscher „Federkleid“ aus seinem jüngsten Album „Wie die Nocht noch jung wor“. Die Songs der letzten Zeit wirken dabei fast schon ein wenig kommerziell, zu schön, weniger markant und griffig, verglichen mit den rotzfrechen und zugleich ironisch düsteren Songs aus den Anfängen wie etwa „Ansa Woar“ und „S klane Glücksspiel“ mit ihrem konsequenten Bekenntnis zum derben Wiener Schmäh.

Das macht aber nichts, denn auch ein Voodoo Jürgens durchläuft einen Reifeprozess in seinem künstlerischen Schaffen. Begleitet wird er dabei von einer erstklassigen Combo, der Ansa Panier, die sich gekonnt durch den abgründigen Wienerlieder-Dschungel swingt, twistet und jazzt, allen voran virtuos „Die Krähe“Alexander Kranabetter an der Orgel, Trompete und Tuba, „Sir Körndl“ Bernd Lichtscheidl am Piano und Drummer David Schweighart, der als „Wurlata“ den Drive vorantreibt, als gebe es kein Morgen.

Derweil Öllerer an der Gitarre seine typischen Geschichten mit ganzem Körpereinsatz erzählt, von der originären Wiener-Stadt und deren zwielichtigen Erscheinungen, den Außenseitern, Großkopferten und Antihelden.

„Angst haums“ schreit sich Voodoo Jürgens bei der gleichnamigen Zugabe dann mit schrill markanter Stimme beinahe die Seele aus dem Leib, er weiß wovon er singt, schauts aus. Um seinen eigenen Erfolg braucht er aber keine Angst haben, Standing Ovations und tosender Applaus zeigen, dass der Wiener Schmäh im Salzkammergut hervorragend ankommt.

Von Barbara Duftschmid