Das Bruckner Orchester huldigt seinem Namensgeber anlässlich des 200. Geburtstags mit einer musikalischen Reise quer durch sein Schaffen und damit seine gesamten Sinfonien.
Mit im Gepäck hatte das Orchester am Sonntag im Linzer Musiktheater Anton Bruckners 4. Sinfonie in Es-Dur, auch die „Romantische“ genannt, die wohl zu seinen beliebtesten Werken zählt.
Lesen Sie auch
Ein „Brucknermoment“
Doch bevor es soweit war, musste Bruckner 1877 herbe Kritik für seine 3. Sinfonie einstecken, welche die Kritiker seinerzeit in der Luft zerrissen. Ein sogenannter „Brucknermoment“, wie sich Chefdirigent Markus Poschner und Moderator Tarek Leitner, der durch den Konzertabend führte, einig waren in ihrer Werkbesprechung.
Ein absoluter Tiefpunkt im Leben des Komponisten also, der ihn anschließend jedoch zu weit größeren kompositorischen Höhenflügen animierte, die schließlich in der „Romantischen“ gipfelten und auch für Bruckner zum Aufbruch in neue musikalische Welten wurde. Durch den „Brucknermoment“ total verunsichert, zweifelte der Komponist fortan jedoch an seinem genialen Talent und so überarbeitete er auch die 4. Sinfonie mehrfach, insgesamt acht Versionen entstanden.
Markus Poschner entschied sich beim „Aufbruch“ ins Brucknerjahr 2024 für die zweite Fassung des Werkes, das der Komponist als romantisches Bild einer mittelalterlichen Stadt mit Naturmotiven und Jagdszenen beschrieben hat.
Fantastische Klangwelten, hingebungsvoll dargeboten
Und so heben die Tremoli der Streicher zu Beginn des 1. Satzes an wie eine ganz sanfte Brise am Morgen. Schon hier gibt es jede Menge Möglichkeiten zur Interpretation, wie Poschner zuvor mit dem Orchester in der Werkseinführung hinreißend demonstrierte.
Dann der charakteristische wiederkehrende Hornklang, der gleichsam zum Aufbruch ruft und zum festlichen Fortissimo anwächst. Schon hier wird deutlich: Bruckner ist auf dem Weg zu neuen fantastischen Klangwelten und mit ihm das Bruckner Orchester, das seinem Chefdirigenten hingebungsvoll folgt. Denn Wendigkeit, und damit eine lebendige, abwechslungsreiche Darstellung, ist Markus Poschner wichtig. Schließlich ist er der Experte für alles Brucknerianische.
Die Blechbläser agieren mit einer Elastizität, die jener der Streicher nahekommt, wundervoll dabei auch die Celli im ersten Satz. Herausragend das Hornspiel von Solohornist Daniel Loipold, der auch im Piano souverän brilliert. Großartig die dynamischen Extreme im Solopart der Bratschen im Andante, dem langsamen Satz, der an eine Prozession erinnert.
Ohne Umschweife stürzt sich Poschner dann in den lebhaften, markanten dritten Satz, in welchem wiederum das Thema der Hörner dominiert, ehe er im Allegro die Dynamik der Streicher gekonnt dosiert, die Spannung mit der Bassgruppe und der Pauke virtuos aufbaut, um schließlich die Holz- und Blechbläser zum epochalen Finale zu führen.
Minutenlanger Applaus, Jubel und schließlich Standing Ovations beweisen, dass der Aufbruch ins Brucknerjahr souverän gelungen ist.
Von Barbara Duftschmid