US-Amerikanerin Naomi Beckwith kuratiert die documenta 16

Naomi Beckwith wird die documenta 16 im Jahr 2027 kuratieren. Dies gaben die Verantwortlichen der Weltkunstschau am Mittwoch in Kassel bekannt. Beckwith ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums. Sie bezeichnete die documenta als Institution. Es sei ein „absolutes Geschenk“ die Ausstellung leiten zu dürfen.

Sie habe jede documenta seit der zwölften Ausgabe verfolgt und sei vom ersten Moment an besessen gewesen von dem Konzept der Ausstellung, sagte die 48-Jährige. Kein anderes Projekt der Kunstwelt erlaube so tiefe Gedanken, eine so tiefe Recherche und eine so enge Zusammenarbeit mit Künstlern.

Folgt auf umstrittenes Kollektiv Ruangrupa

Der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta gGmbH, Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne), bezeichnete Beckwith als „exzellente Wahl“. Sie sei eine hochkarätige Expertin für Gegenwartskunst. Beckwith tritt die Nachfolge des indonesischen Künstlerkollektivs Ruangrupa an, das die umstrittene documenta fifteen im Jahr 2022 kuratiert hat. Die Schau war von massiven internationalen Antisemitismusdiskussionen überschattet worden.

Bereits im Vorfeld der Kunstausstellung waren erste Stimmen laut geworden, die Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Kurz nach der Eröffnung der documenta fifteen wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere Werke scharfe Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.

Auch bei der Suche nach einer Künstlerischen Leitung für die documenta 16 kriselte es. Nach Antisemitismusvorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission für die 2027 geplante Schau war im November 2023 zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Findungskommission zurückgetreten. Ein neues Gremium hatte der Aufsichtsrat der Weltkunstschau erst Anfang Juli berufen. Die Folge: Die neue Kuratorin hat nun fast ein Jahr weniger Vorbereitungszeit.

Strukturreform als Folge des Antisemitismus-Skandals

Als Konsequenz aus dem Antisemitismus-Skandal reformiert die documenta derzeit ihre Strukturen. Zur Aufarbeitung der Vorfälle hatte der Aufsichtsrat der documenta eine Managementberatung mit einer Organisationsuntersuchung beauftragt. Auf ihre Empfehlung hin wird ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet. Das sechsköpfige Gremium soll unter anderem aktuelle gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskurse aufgreifen und internationale, plurale Perspektiven einbringen.

Anders als von der Managementberatung empfohlen, wird sich die Künstlerische Leitung der documenta 16 aber nicht auf einen Verhaltenskodex verpflichten müssen. Ein solcher wurde lediglich der documenta-Geschäftsführung auferlegt.

Neue Leitung soll frühzeitig Konzept präsentieren

Die neue Künstlerische Leitung soll hingegen frühzeitig in einer öffentlichen Veranstaltung ihr künstlerisches Konzept vorstellen und dabei auch darlegen, „welches Verständnis sie von der Achtung der Menschenwürde hat und wie deren Wahrung auf der von ihr kuratierten Ausstellung sichergestellt werden soll“, wie es hieß. Beckwith betonte bei ihrer Vorstellung, sie habe keine Toleranz gegenüber jeglicher Form von Rassismus und Antisemitismus.

Die documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 16. Ausgabe soll vom 12. Juni bis 19. September 2027 stattfinden.

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