„Die Pöstlingbergkirche ist seit jeher ein Ort, der mich begeistert“, sagt VALIE EXPORT. Als Kind sei sie mit ihrer Mutter und ihren Schwestern regelmäßig mit der Bahn auf den Pöstlingberg gefahren oder zu Fuß hinaufgegangen, um Messen zu besuchen. Dass die Wallfahrtskirche einer Frau, nämlich Maria, gewidmet ist, berühre die Feministin und bringe ihr die Kirche noch näher. Orgelmusik habe sie schon als kleines Mädchen fasziniert, ihr ein Gefühl verliehen, als würde sie zehn Zentimeter wachsen, erzählt VALIE EXPORT bei der Präsentation der neuen Orgel in der Pöstlingbergkirche, der die Linzer Medienkünstlerin mit ihrer Ornamentik ein besonderes Gesicht verleiht.
Auch das acht Meter hohe Musikinstrument scheint mit seiner modernen, reduzierten Anmutung mit silberfarbenen Pfeifen nach oben zu streben, dazu passt auch der weiß lasierte Korpus aus Eichenholz. Von der renommierten Medienkünstlerin stammt das Spruchband mit der Botschaft „Wer begreift hat Flügel“, das sich, in verschiedenen Farben leuchtend, dem Kirchenjahr anpassen kann. Ebenfalls von ihr Texte, die an Tafeln links und rechts des Spieltisches, die mit Laser eingebrannt sind. Und die flügelförmigen Schleierbretter, die das Instrument nach oben hin abschließen. Die Texte resultieren aus VALIE EXPORTs Auseinandersetzung mit Sprache und Stimme: „Jede Orgel hat ihre Stimme, spricht und singt.“
Die alte Orgel der zweitgrößten Wallfahrtskirche Österreichs, ab 1942 im Krieg entstanden, hatte ihre Aufgaben schon lange nicht mehr erfüllt. Vor zehn Jahren begannen die Überlegungen zu einem neuen Instrument. Die Wahl fiel 2019 auf die Freiburger Orgelbaufirma Tilmann Späth, die schon die Orgel an der neuen Bruckneruniversität gebaut hat.
Aus Wertschätzung für die alte Substanz trachtet man nach Wiederverwertung: Viele Teile der alten Orgel haben sich Orgelbauer geholt, einige sind derzeit als Installation in einer Ausstellung von VALIE EXPORT in Bregenz zu bestaunen.
2200 Orgelpfeifen
Das neue Instrument, das in seiner Grunddisposition barock ausgerichtet ist, verfügt über drei Manuale, Pedal und 2200 Pfeifen und ist ein wenig kleiner als sein Vorgänger. Die Zahl der Register wurde von bisher 37 auf 32 verringert. Die Gesamtkosten der rein mechanischen Orgel belaufen sich auf mehr als 600.000 Euro, mithilfe von Land OÖ, Stadt Linz, privaten Sponsoren und den eifrigen Spenden der Kirchgänger könne man den weitaus größten Teil bereits abdecken, freue sich aber über weitere Spenden wie Pfeifenpatenschaften, so der Vorsitzende des Orgelkomitees Wolfgang Seitz. Einen Beitrag dazu kann man auch mit dem Erwerb einer Kunstmappe leisten: Sie enthält Skizzen von VALIE EXPORT zur Orgelgestaltung.
Was den Klang anbelangt, so soll das Instrument alle Bedürfnisse erfüllen — „die leisen Töne für Trauungen, aber auch einmal aufbrausen können bei großen Messen“, wie Domorganist Wolfgang Kreuzhuber erklärte. „Größtmögliche klangliche Vielfalt soll ein Charakteristikum dieser Orgel sein.“ An selbiger wird noch gefeilt, schließlich soll das Instrument am Tag der Weihe (12. März) zum ersten Mal in seinem ganzen musikalischen Glanz erstrahlen. Davor darf die Orgel eigentlich nicht gespielt werden. Domorganist Kreuzhuber hat bei der Präsentation zur Freude der Zuhörer die wohl lässliche Sünde begangen, der Orgel schon vorher ein paar herrliche Töne zu entlocken. mel